ORNIS-PRESS
ORNIS-PRESS
ORNIS-RSSORNIS-RSS|ORNIS InfoBriefORNIS InfoBrief|  

Sie sind hier: Startseite

Schrift: kleiner | normal | größer

Kaliningrad wirbt um Aussiedler aus Deutschland

‚Nezavisimaja Gazeta’ zum Besuch des Aussiedlerbeauftragten

Der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung Christoph Bergner hatte sich bei einem Besuch in der russischen Exklave anerkennend über die wirtschaftliche Entwicklung, an der auch Deutsche beteiligt sind, geäußert. Bei der Lösung der demographischen Probleme könne man aber keine Hilfe aus Deutschland erwarten.

Ein Übersiedlungsprogramm für ehemalige Landsleute ist zum Zankapfel zwischen der Verwaltung des Kaliningrader Gebiets und der Bundesregierung geworden. Berlin erklärte, man werde die Umsiedlung von Russlanddeutschen aus Deutschland nach Kaliningrad nicht unterstützten. Die russischen Behörden hingegen freuen sich insbesondere über gut betuchte Deutsche, die aus der Bundesrepublik oder den benachbarten baltischen Staaten ins ehemalige Ostpreußen kommen.

Ethnische Deutsche in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken sind eher verwundert über die unterschiedliche Haltung der russischen und deutschen Behörden gegenüber dem Übersiedlungsprogramm. „Wir wissen, dass es in Deutschland eine recht große Zahl von Russlanddeutschen gibt, die auf der Grundlage des Übersiedlungsprogramms der russischen Regierung in das Verwaltungsgebiet Kaliningrad übersiedeln würden, aber die Bundesregierung wird diese Menschen nicht unterstützen“, erklärte am Freitag [16.8.07 – Anm. d. Übers] der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Bergner. Seinen Worten zufolge, so meldete es die Nachrichtenagentur Interfax, durchlebt Deutschland aufgrund der rückläufigen Spätaussiedlerzahlen selbst eine demographische Krise. „Im vergangenen Jahr wurden offiziell nur noch 7.000 Personen registriert“, teilte der Aussiedlerbeauftragte mit. Das liegt deutlich unter den Zahlen der Vorjahre. Allein 1994 waren noch über 213.000 Menschen aus der Sowjetunion nach Deutschland gekommen. Insgesamt waren es Ende des vergangenen Jahrhunderts mehr als drei Millionen Russlanddeutsche, die in die Bundesrepublik Deutschland kamen.

Bekanntlich zählt das Kaliningrader Gebiet bei ehemaligen Landsleuten zu den beliebtesten Regionen, weil sie dort auf soziale Unterstützung und andere Garantien hoffen dürfen, die aus dem russischen Staatshaushalt finanziert werden. Anfang Juni war die erste Gruppe von Übersiedlern aus Lettland im Rahmen dieses staatlich geförderten Übersiedlungsprogramms im Verwaltungsgebiet Kaliningrad eingetroffen, die zunächst in einem eigens gebauten Aussiedlerzentrum untergebracht wurde. Der Vizepremier der Kaliningrader Gebietsregierung, Jurij Schalimow, erklärte damals, ihm sei bekannt, dass sich „tausende ehemaliger Landsleute in Deutschland für die Möglichkeit einer Umsiedlung in unser Gebiet mit dem Übersiedlungsprogramm interessieren“.

Neben nostalgischen Gefühlen für die „kleine Heimat“ sind es ganz praktische Erwägungen, die Russlanddeutsche aus Deutschland nach Kaliningrad ziehen: Das Leben im ehemaligen Königsberg ist wesentlich günstiger als in Deutschland. Ein Rentner, der in Deutschland vielleicht rund 1.000 Euro Rente bekommt, würde im Kaliningrader Gebiet, ganz im Gegensatz zu Deutschland, ein wohlhabender Mann sein. Und Kaliningrad wäre auch über so einen Rentner sehr erfreut, schätzt man doch hier die arbeitsamen und ordentlichen Deutschen sehr, die auch als Rentner noch ihre Arbeitskraft zum Wohle der Region einbringen könnten.

Die Beschwerden der deutschen Behörden über die rückläufigen Spätaussiedlerzahlen halten dagegen auch viele Russlanddeutsche für konstruiert. „Deutschland selbst hat die Hürden für Spätaussiedler heraufgesetzt, so dass viele Interessenten auch aufgrund der schwieriger gewordenen Sprachtests einen Ablehnungsbescheid bekommen“, erklärte gegenüber der Nezavissimaja Gazeta Jelena Dunjawitschewa, Vorsitzende der deutschen Wiedergeburt-Gesellschaft im Verwaltungsgebiet Almaty (Kasachstan). Wie sie erzählte, hatten sich die Deutschen Kasachstans mit Christoph Bergner getroffen, aber vergeblich auf weniger schwierige Aufnahmekriterien gehofft. Gleichzeitig würden sich aber auch viele Deutsche in Kasachstan für eine Umsiedlung nach Kaliningrad interessieren, das in letzter Zeit durchaus zu einer konkurrenzfähigen Alternative zur Ausreise nach Deutschland geworden ist. „Vor dem russischen Konsulat in Almaty steht ständig eine lange Schlange potenzieller Übersiedler, allerdings ist hier die Annahme von Anträgen auf Übersiedlung vor kurzem eingestellt worden“, sagt Jelena Dunjawitschewa.

Quelle: Michael Sergeev: „Moskva i Berlin deljat nemcev”,
Nezavisimaja Gazeta v. 20.8.2007
online-Ausgabe:
http://www.ng.ru/economics/2007-08-20/1_nemtsy.html,
Übersetzung: Norbert Krallemann

 
Links zum Thema
- Was der Aussiedlerbeauftragte zum NG-Artikel sagte

Nach oben
Artikel bookmarken:
Diese Seite zu Mister Wong hinzufügen My Yahoo