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"Wir sind stärker zusammengerückt"

Die russlanddeutsche Selbstverwaltung läuft langsam an
"Wir sind stärker zusammengerückt" Forum der Begegnungsstätten
Foto: MDZ

Die russlanddeutschen Organisationen in der Russischen Föderation wollen mehr Eigenverantwortung übernehmen. Ein Pilotprojekt soll zeigen, ob das gelingt. Derzeit warten die Beteiligten aber erst einmal auf weitere Mittel aus Berlin. Doch eines haben die Projektteilnehmer schon jetzt erkannt: "Wir haben gelernt, zusammenzuarbeiten und gemeinsam zu entscheiden, für welche Aufgaben die Mittel ausgegeben werden."

Moskau, im Februar 2009 – „Die ersten Ergebnisse des Pilotprojekts können sich sehen lassen. Es ist heute schon abzusehen, dass es eine Fortsetzung geben wird“, sagte Frank Willenberg, im Bundesinnenministerium zuständig für Hilfeprojekte zugunsten der deutschen Minder in Russland, im November 2008 auf einem Forum der Begegnungszentren. Mittlerweile ist es bereits Mitte Februar 2009, und es sind noch keine Gelder für die Fortsetzung des Pilotprojekts im Ural und in Zentralrussland angekommen. Im Augenblick gibt es statt einer Fortsetzung eine wohl mehrmonatige Unterbrechung, um Zeit für die Rechenschaftslegung und die Bewertung von Experten zu haben.

„Wir haben im Moment noch kein vollständiges Bild, da das Jahr noch nicht zu Ende ist“, hatte Willenberg damals bereits hinzugefügt. „Wenn wir das Pilotprojekt abschließend bewertet haben, wird es sich zeigen, ob weitere Regionen einbezogen werden.“

Auf den Expertenbericht, den die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) derzeit erarbeitet, wartet man vor allem in den Regionen, die als potenzielle Kandidaten für die Fortführung des Pilotprojekts infrage kommen. Aber auch die bisherigen Teilnehmer warten, weil es ihnen schwer fällt, ohne konkrete Zahlen Planungen für das laufende Jahr vorzunehmen. So ist es auch nicht ausgeschlossen, dass es ähnlich kommt, wie im vergangenen Jahr, als die Projekte für Zentralrussland und den Ural bereits ausgeschrieben waren und dann die Mittel um die Hälfte gekürzt wurden. […]

Das Pilotprojekt „Koordinierung und Organisation der Projektarbeit im Netz der russlanddeutschen Begegnungszentren“ startete praktisch am 1. Januar 2008. Die überregionalen Koordinationsräte der Begegnungszentren schrieben die Projekte aus, und der Internationale Verband der deutschen Kultur (IVDK) begann, schrittweise die Kompetenzen von der GTZ zu übernehmen. Ende Mai kamen dann auch die Mittel für das Pilotprojekt, so dass die Arbeit richtig losgehen konnte.

Etwa vier Prozent der Gesamtsumme für die Förderung der deutschen Minderheit in Russland standen für das Pilotprojekt zur Verfügung, obwohl in den betreffenden Regionen rund 13 Prozent aller Russlanddeutschen leben. Alexander Grünewald, der Vorsitzende des überregionalen Koordinationsrates für Zentralrussland, rechnete aus, dass der Pro-Kopf-Anteil beim Pilotprojekt damit etwa bei vier Euro lag, während in anderen Regionen das Zwei- bis Zehnfache zur Verfügung stand.

Doch obwohl die Mittel sehr spät zur Verfügung standen und deutlich unter den Erwartungen lagen, sind die Teilnehmer des bisherigen Pilotprojekts der Meinung, dass das Ziel erreicht wurde. „Wir haben gelernt, zusammenzuarbeiten und gemeinsam zu entscheiden, für welche Aufgaben die Mittel ausgegeben werden. Wir haben neue Quellen erschlossen und die vorhandenen effektiv genutzt“, meint Oleg Strahler, der Vorsitzende des überregionalen Koordinationsrates im Ural. 

„Früher hat jeder sein eigenes Süppchen gekocht, jetzt entwickeln wir Projekte gemeinsam und setzen sie auch gemeinsam um“, sagt Margarita Schmidt, die Vorsitzende des Verbandes der Deutschen im Verwaltungsgebiet Jaroslawl. „Alles ist jetzt offener und transparenter, und wir kennen die Summen, über die wir verfügen können. Natürlich wünschen wir uns, dass mehr Mittel für soziale Projekte bereitstünden, die wir gern in allen Regionen durchführen würden […].“

Zum Leidwesen vieler Leiter russlanddeutscher Begegnungszentren hat sich mit dem Pilotprojekt nichts in Sachen Basisförderung der Begegnungszentren getan. Albina Schenk, die Vorsitzende der russlanddeutschen Gesellschaft ‚Natschalo‘ [zu deutsch: Anfang] in Rjasan schlägt schon lange Alarm: Ihre Organisation steht kurz vor dem Aus. Für einen angemessenen, großen Raum müssen monatlich 2.000 Rubel gezahlt werden. Zudem fallen jährlich Instandsetzungsarbeiten an, weil der Raum in einem Kellergeschoss liegt. Die Rentner, die bei ‚Natschalo‘ das Gros der Mitglieder bilden, wissen bald nicht mehr, woher sie das Geld nehmen sollen.

Tatjana Schamber aus einem anderen kleinen Begegnungszentrum, das am Pilotprojekt teilnimmt, […] antwortet auf die Frage, was sie von dem Projekt erwarte: „Sicher wäre es schön, wenn die Leiter der Begegnungszentren höhere Honorare bekommen könnten. Aber viel wichtiger ist, dass wir auch weiterhin ehemaligen Angehörigen der Arbeitsarmee und Verfolgten helfen können. Sie brauchen gar nicht viel: Fürsorge, Aufmerksamkeit und gelegentlich ein paar Lebensmittel. Deshalb liegt in unserem Zentrum der Schwerpunkt auf der Sozialarbeit.“

Eines der erklärten Hauptziele des Pilotprojekts besteht schließlich auch darin, die Millionenhilfe aus Deutschland möglichst allen Russlanddeutschen zukommen zu lassen, egal, wo sie wohnen: in Sibirien oder in Zentralrussland, in der Stadt oder auf dem Land. […]

 

Quelle: Ольга Силантьева: „Пилотный проект: продолжение следует“,
Ol’ga Silant’eva: „Pilotnyj proekt: prodolzenie sleduet“,
http://www.ru.mdz-moskau.eu vom 11. Februar 2009;
Übersetzung: Norbert Krallemann


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