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25. Juni bis 1. Juli

Begegnung ebenso wichtig wie Sprachkenntnisse

Frankfurt am Main – Gute Deutschkenntnisse allein reichen zur Verständigung zwischen Einheimischen und Zuwanderern nicht aus. Die kulturellen Unterschiede sollten auch durch persönliches Kennenlernen und Erfahrungsaustausch vermittelt werden, heißt es bei «Frankfurt live.com» am 28. Juni in einem Bericht über eine Tagung des VdW südwest mit Jugendlichen aus dem ganzen Bundesgebiet. Der in Frankfurt ansässige VdW südwest gehört dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen mit Sitz in Berlin an, der insgesamt Wohnungen für 13 Millionen Menschen vertritt. Bei der Konferenz habe sich gezeigt, so Verbandssprecher Rudolf Ridinger, dass sich Zuwanderer und Einheimische in ihrem Wohnumfeld stärker über ihre kulturellen Gewohnheiten austauschen müssten. Das Treffen, an dem sich rund 20 junge Erwachsene, darunter Russlanddeutsche, beteiligten, war Auftakt zu einem bundesweiten Schreibwettbewerb. Dabei soll es um Erlebnisberichte, Kurzgeschichten oder Gedichte über das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen gehen. Schirmherrin des Projekts ist die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer.


„Ganz normal leben“

Friedland – Vor zwei Monaten ist die Familie Anselm aus Kasachstan nach Friedland ins Aufnahmelager für Spätaussiedler gekommen – die 20-jährige Ilena, ihr jüngerer Bruder, Vater, Mutter und Großvater Bruno (72). Nun nehmen sie am Integrationskurs teil, berichten die «Westfälischen Nachrichten» am 26. Juni und bezeichnen die Kurse als „dörfliches Trockentraining“. Dass das Erstaufnahmelager seit 2006 nun selbst Integrationskurse anbietet, habe nicht nur integrationspolitische Gründe, so das Blatt. Es liege auch daran, dass die Aussiedlerzahlen rapide zurückgegangen seien und dass in Friedland tätiges Personal frei für neue Aufgaben gewesen sei. Leiter Heinrich Hörnschemeyer sieht in den Kursen vor Ort „den Vorteil, dass die Aussiedler sich nicht um die Bewältigung des Alltags kümmern müssen“. Der 72-jährige Bruno Anselm jedenfalls ist froh, sich in Ruhe an alles gewöhnen zu können. Enkelin Ilena allerdings „ist genervt“, schreibt die Zeitung. Sie will nur eins: möglichst schnell ihr Studium weiterführen und mehr als die zugeteilten zwei Stunden pro Woche ins Internet. Sie möchte Architektin werden, zwei Kinder haben und ein Haus. „Eben ganz normal leben“, sagt sie.


Weniger Zuwanderer

Nürnberg – Die Arbeitslosigkeit ist im Juni weiter zurückgegangen. Nach Angaben der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA) hat das zwei Gründe: Zum einen stellen die Unternehmen wieder mehr Mitarbeiter ein, zum anderen sinkt die Zahl der Bewerber, im laufenden Jahr um gut 100.000. Weniger Menschen auf Arbeitssuche stellten zwar heute eine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt dar, schreibt die «Frankfurter Rundschau» in ihrem Online-Auftritt am 1. Juli, könnten morgen aber schon für Fachkräftemangel sorgen. Problematisch werde die Lage auch dadurch, dass längst nicht mehr so viele Menschen nach Deutschland einwandern wie kürzlich noch vermutet. Die Nürnberger Forscher hatten damit gerechnet, dass pro Jahr 200.000 Menschen mehr ein- als abwandern. Ein wesentlicher Grund sei darin zu sehen, dass immer weniger Spätaussiedler kommen. Für BA-Mitarbeiter Elmar Hönekopp dämpft die verbesserte wirtschaftliche Lage insbesondere in Russland die Motivation zum Wechsel.


Arnsberg: Unterstützung für Spätaussiedler

Neheim – Die Junge Union (JU, CDU-Jugendorganisation) Neheim-Hüsten hat sich in diesem Jahr dem Thema „Integration“ verschrieben und deshalb Kontakt zum lokalen Ausländerbeirat aufgenommen. Auch mit den Vorsitzenden des neuen Spätaussiedlerverbands „Hoffnung“, Ekatherina Markwart und Paul Fischer, kam die JU schon zusammen, berichtet die «Westfälische Rundschau» am 28. Juni. Der Verband zählt derzeit fast 30 Mitglieder und sieht sich als Anlaufstelle für alle 6.000 Spätaussiedler, die in der Stadt Arnsberg leben. Geboten werden Deutsch- und Computerkurse, Theaterkurse und Parties. Sogar eine eigene Musik-Band gibt es. Ein Desinteresse ihrer Landsleute an Integration kann die Vorsitzende Ekatherina Markwart nicht erkennen. Das Problem für die meisten qualifizierten Spätaussiedler liege wohl darin, dass ihre Schulabschlüsse in Deutschland nicht anerkannt würden. Die Junge Union, schreibt das Blatt, will die Vereinsziele der „Hoffnung“ in Zukunft unterstützen.


Jubiläum im Aussiedlerwohnheim

Lübtheen – Rund 2.850 Russlanddeutsche und ihre Familienangehörigen haben seit 1992 im Lübtheener Aussiedlerwohnheim der Arbeiterwohlfahrt ihr erstes Quartier in Deutschland gefunden. Heute wohnen hier 25 Spätaussiedler, und gemeinsam mit vielen ehemaligen Heimbewohnern, die seit Jahren schon in und um Lübtheen Fuß gefasst haben, feierten sie den 15. Jahrestag der Gründung des Hauses, berichtet die «Schweriner Volkszeitung» am 30. Juni. Ende Juli, wenn ihr Mann Anatoli nachkommt, wird auch Claudia Makarkowa aus Smolensk eine eigene kleine Wohnung beziehen. Die 65-Jährige Ingenieurin hat zwölf Jahre lang an der Baikal-Amur-Magistrale gearbeitet, bevor sie ihren drei Schwestern nach Deutschland folgte, die vor Jahren schon ausgesiedelt sind. Ihr Sohn durfte mit seiner Familie nicht mitkommen, schreibt die Zeitung. „Es gab Probleme mit der deutschen Sprache“.


Statistik und Wirklichkeit

Nürnberg – Längst sind Lehrer, insbesondere an Grund- und Hauptschulen, keine reinen Wissensvermittler mehr. Der Umgang mit Kindern gleichgültiger oder überforderter Eltern haben aus ihnen unfreiwillige Sozialarbeiter und Elternersatz, Sprachtrainer, Seelenklempner und Integrationshelfer gemacht, schreibt die «Süddeutsche Zeitung» am 29. Juni. Täglich prallten die Pädagogen auf fremde Kulturen, mit denen umzugehen sie niemand vorbereitet habe. Wenn Jürgen Schubert, Rektor der Grundschule Sperberstraße in Nürnberg mit 20-jähriger Berufserfahrung, berichtet, dass offiziell 45 Prozent der etwa 800 Schüler an seiner Grund- und Hauptschule Ausländer seien, kennt er die Wirklichkeit hinter dieser Zahl. „Die offiziellen Statistiken verfälschen die reale Situation“, sagt er. Tatsächlich kämen fast 80 Prozent aus Zuwandererfamilien. Darunter seien beispielsweise eingebürgerte Türken oder Russlanddeutsche. Erst seit diesem Schuljahr lasse das bayerische Kultusministerium die Statistiken der Wirklichkeit angleichen. Obwohl Experten seit langen darauf hinwiesen, dass die Talente von Kindern aus zugewanderten Familien verkümmern, weil Deutschkenntnisse und gezielte Förderungen fehlen, „hat die Politik lange gebraucht, bis sie sich der Tatsache stellte, dass viele Schulen längst multikulti sind“, heißt es in der Zeitung.


Boxen: eine Perspektive

Lübben – Der halbwüchsige Roman Firsov trainiert nur, um seinen Körper fit zu halten. An Wettkämpfen ist er nicht interessiert. Der elfjährige Alexander Auer dagegen will Weltmeister werden. Die beiden Russlanddeutschen trainieren im Lübbener Box-Ring unter kundiger Anleitung von Vasily Süß. 25 Jungen und Mädchen, die meisten von ihnen Spätaussiedler, kommen teils täglich zusammen, um mit ihrem 63-jährigen ukrainischen Trainer hart an sich zu arbeiten, berichtet «ad hoc news», ein Presseportal für Finanznachrichten und Wirtschaftsmeldungen, am 27. Juni. Auch seine Frau Tatjana, die 2003 mit ihrer Familie aus St. Petersburg in den brandenburgischen Spreewald umgesiedelt ist, kümmert sich um den Nachwuchs. „Wir wollen den jungen Menschen eine sinnvolle Beschäftigung bieten“, sagt sie über das Boxprojekt, das Teil des aus Bundesmitteln geförderten Programms „Integration durch Sport“ ist. „Boxen gibt mir Sicherheit und Selbstvertrauen“, bestätigt die 15-jährige Alina. Die vor gut drei Jahren aus einem Streetworkerprojekt entstandene Box-Runde ist mittlerweile im Lübbener Turnverein integriert und wird auch von Profi-Boxtrainer Ulli Wegner aus dem Sauerland unterstützt: „Den Jungs wird eine Perspektive geboten, das ist ganz große Klasse.“ Die meisten Weltmeister kämen von ganz unten und aus sehr kleinen Vereinen.


Russlanddeutsche im Boxring

Ravensburg – Zwei Boxer sorgen im BC Ravensburg derzeit für Erfolge, heißt es in der «Schwäbischen Zeitung» am 1. Juli: Johann Witt und Igor Sokratov. Beide sind Russlanddeutsche. Der 20-jährige Witt und seine Familie kamen 2003 als Spätaussiedler aus Kasachstan nach Deutschland. Schon sein Vater war Boxer und über mehrere Ecken mit Michael Frei verwandt, der in Ravensburg noch Johanns Box-Trainer war, bis er zurück nach Russland ging. Den 21-jährigen Igor Sokratov zog es vor sieben Jahren mit Mutter und Bruder aus Omsk nach Baden-Württemberg, nachdem der Vater gestorben war. Seit 2001 steht er im Ring, und aus den 27 Kämpfen, die er mittlerweile absolviert hat, ging er 17 Mal als Sieger hervor. Er legt nicht nur großen Wert auf die Beinarbeit, schreibt die Zeitung, sondern auch auf eine gute Ausbildung. Ein Studium schließt er nach der Fachhochschule nicht aus.


Zielgruppe Spätaussiedler

Trier – In den USA ist der so genannte Kreationismus längst ein Massenphänomen. Doch auch in Deutschland misstrauen immer mehr Menschen den naturwissenschaftlichen Erklärungsmodellen, wenn es um die Entstehung des Lebens und die Entwicklung der Erde geht, schreibt der Online-Dienst «Telepolis» am 27. Juni. Kreationisten glauben, dass die Evolution, wie sie von Charles Darwin beschrieben wurde, nie existiert hat. Stattdessen soll die Entwicklung der Lebewesen auf der direkten Einwirkung eines Schöpfergottes beruhen. In Deutschland scheint die Zahl der Menschen, die an einer naturwissenschaftlichen Welterklärung zweifeln, zu steigen, wie der Politikwissenschaftler Christoph Lammers in einem Gespräch mit ´Telepolis` ausführte. Einer Umfrage zufolge könnten immerhin 39 Prozent mit der Evolutionstheorie nicht viel anfangen. Eine einheitliche Bewegung, die dem Kreationismus in Deutschland einen stärkeren Einfluss verschaffen könnte, gibt es laut Lammers in der Bundesrepublik „noch nicht“. Momentan richteten sich verschiedene Gruppen an unterschiedliche Adressaten, um Anhänger zu gewinnen. „In Baden-Württemberg oder Sachsen-Anhalt werden gezielt Spätaussiedler angesprochen.“ Das Ziel bestehe zunächst darin, sich der Schulpflicht zu verweigern und die eigenen Kinder – vor allem in religiösen Fragen – selbst zu unterweisen.

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