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22. bis 28. Oktober

„Keinen Gedanken an eine Rückkehr verloren“

Buchen – Vor 50 Jahren haben sie im kasachischen Linejewka geheiratet. Als Andreas und Magdalene Zimmermann, geborene Hauk, jetzt in Buchen im Odenwald ihre Goldene Hochzeit feierten, gratulierten drei Söhne, drei Töchter, drei Schwiegertöchter, drei Schwiegersöhne, 16 Enkel und fünf Urenkel, heißt es in den «Fränkischen Nachrichten» am 27. Oktober. Sie hätten es nie bereut, nach Deutschland ausgesiedelt zu sein, berichtet das Jubelpaar der Zeitung: „Nicht einen Gedanken haben wir an eine Rückkehr nach Kasachstan verloren.“ Dennoch habe es lange gedauert, bis sie sich in der neuen Heimat, wo sie seit 1991 leben, eingelebt hätten. Die heute 71 Jahre alte Magdalena Zimmermann hat nie eine Schule besuchen können. Seit ihrem zwölften Lebensjahr arbeitete sie auf einer Kolchose. Ihr späterer Ehemann Andreas, geboren 1937, konnte nur in den Sommermonaten zur Schule gehen; im Winter habe es an der der notwendigen Bekleidung und an Schuhen gefehlt. Er arbeitete in Kasachstan als Tischler und zuletzt als Techniklehrer. In Deutschland konnte er wegen einer Asthma-Erkrankung keine Arbeit mehr aufnehmen.


Vier Kinder blieben in Kasachstan zurück

Burg – „Das hier ist jetzt unsere Stadt, unsere neue Heimat“, sagte Friedrich Becker auf dem kleinen Balkon seiner Wohnung in Genthin im Jerichower Land in Sachsen-Anhalt. Freude darüber ist dem russlanddeutschen Spätaussiedler, seiner jüngsten Tochter Maja und seiner Frau Valentina nicht anzusehen, berichtet die Magdeburger «Volksstimme» am 28. Oktober. Die Beckers könnten nicht ungetrübt glücklich sein, weil vier weitere Kinder in Kasachstan geblieben seien. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Familie für immer getrennt sein“, glaubt Heidemarie Heek vom Deutschen Roten Kreuz im benachbarten Burg, die sich in der DRK-Migrationsstelle um die Familie kümmert. Er sei als Erster ausgesiedelt und habe gedacht, dass alle seine Angehörigen nachkommen könnten, sagt der Familienvater. Er sei schlecht informiert gewesen über die neuen Zuwanderungsregelungen, nach denen auch die Familienmitglieder einen Spachtest ablegen müssen. Nur die kaum deutsch sprechende Ehefrau und die jüngste Tochter konnten noch als ausländische Angehörige im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland einreisen. Auch das sei nach der jüngsten Novellierung des Zuwanderungsgesetzes „heute unmöglich“, erklärt Heidemarie Heek, wenn die ausländischen Familienmitglieder kein Deutsch sprächen.


Die Enkel werden es besser haben

Halberstadt – Luisa Smirnov schwäbelt wie ihre Ahnen, heißt es in der Magdeburger «Volksstimme» am 24. Oktober. Johannes hieß jener Ur-Ur-Urgroßvater, der 1817 aus der Stuttgarter Gegend auswanderte und im Kaukasus landete. Nach 190 Jahren kehrten seine Nachkommen nach Deutschland zurück. Inzwischen lebt Luisa Smirnovs Sohn in dem Ort, aus dem der Vorfahr Johannes stammte. Die Russlanddeutsche gehört zu einer Frauengruppe, die sich jeden Donnerstag im Haus der Diakonie am Halberstädter Johannesbrunnen treffen. Eine von ihnen ist auch Irma Popkov, die von ihrem Enkel berichtet, dass er „immer neue und ganz schwierige deutsche Worte“ mit nach Hause bringt. Andere Enkel fragten, so die Zeitung, warum die Großmutter so komisch spreche, „ade“ sage statt „ciao und tschüssi“. „Wir wollten zurück ins Land unserer Vorfahren, unsere Kinder und Enkel sollen deutschsprachig aufwachsen“, sagt Luisa Smirnov der Zeitung. Und doch wisse sie, wie verwurzelt sie über Jahrzehnte in Kasachstan gewesen seien, wohin sie unter Stalin deportiert worden waren. Gerade seien wieder Frauen aus der Gruppe zu Besuch in die kasachische Hauptstadt Astana geflogen. Hier wie dort fühlten sie sich als „die Anderen“, berichtet Irina Schumoretzki. Aber es sei für die Enkel gut, dass sie sich auf den Weg gemacht hätten. „Sie werden es besser haben“, meint Irma.


Keine Parallelgesellschaft in Brandenburg

Potsdam – Die in Berlin und westdeutschen Großstädten vorherrschenden Integrationsprobleme von Zuwanderern spielen in Brandenburg praktisch keine Rolle. Kaum sechs Prozent der Bevölkerung haben zumindest einen Elternteil, der nicht in Deutschland geboren wurde, fasst die «Märkische Allgemeine» am 25. Oktober einen Diskussionsabend der Jungen Union und des Evangelischen Arbeitskreises der CDU in Potsdam zusammen, an dem der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und die Integrationsbeauftragte des Bundeslandes, Karin Weiss, teilnahmen. Die meisten Zuwanderer kämen aus Polen, der Ukraine, Weißrussland, der Russischen Föderation und aus Vietnam. Keine Gruppe sei so groß, dass sie eine Parallelgesellschaft bilden könnte, sagte Weiss. Einig war sie sich mit dem Innenminister, dass Deutschkenntnisse die Grundlage für eine Eingliederung seien. Unterschiedliche Auffassungen gab es bei der Suche nach Integrationslösungen. Schönbohm forderte ein Bekenntnis zum Grundgesetz, Weiss bessere Bildungschancen. In Brandenburg lebende Migranten seien oft gut qualifiziert und somit besser integriert, sagte sie. 70 Prozent der eingewanderten russischen Juden hätten einen Hochschulabschluss, 60 bis 70 Prozent der Spätaussiedler einen Fachschulabschluss. Schönbohm bestätigte die Feststellung von Karin Weiss: „In Brandenburg will sich die Mehrheit der Migranten integrieren.“


Foto-Ausstellung zur Geschichte der Mannheimer Migranten

Mannheim – Fast die Hälfte der Mannheimer Bevölkerung, insgesamt 150.000 Menschen, sind Zuwanderer aus 170 Nationen. 60.000 von ihnen haben keinen deutschen Pass, berichtet die «Rhein-Neckar-Zeitung» am 19. Oktober. Eine Ausstellung im Studio des Kulturzentrums Alte Feuerwache zeige bis zum 17. November die Geschichte der Zuwanderung nach Mannheim seit Ende des Zweiten Weltkriegs anhand von Fotos, die zumeist aus Privatbesitz stammen. Dabei fasse die Ausstellung den Begriff des „Einwanderers“ weit. Auch die ostdeutschen Vertriebenen, Flüchtlinge und Umsiedler würden einbezogen. „Sie haben die gleichen Schicksale und Erfahrungen gemacht wie später die Gastarbeiter und Immigranten“, meinte Hüseyin Ertunc vom Mannheimer Migrantenverein „Die Unmündigen“, der zusammen mit dem „Büro 2007“ die Foto-Ausstellung unter dem Titel „mannheimJahre“ ausrichtet. Über 70 Migrantenvereine und -gruppen seien bei der Vorbereitung einbezogen worden. Das älteste Bild vom Ende der 1940er Jahre zeigt einen „Fremdarbeiter“ aus Griechenland und seine Frau, eine ehemalige Zwangsarbeiterin aus der Ukraine, beim Spaziergang durch die Stadt.


Rückkehr nach Sibirien

Köln – Juri Rescheto besucht Russlanddeutsche in Sibirien, die nach wenigen Jahren in Deutschland in ihre alte Heimat zurückgekehrt sind, heißt es bei der «Deutschen Welle» am 28. Oktober über eine Reportage des Auslandssenders. Einer der Heimkehrer sei Konstantin Ostrezow, der bei Nowosibirsk eine kleine Fabrik aufgebaut habe und damit sehr erfolgreich sei. Dabei kämen ihm seine in Deutschland gemachten Erfahrungen und Kontakte zugute. Mit den Deutschen sei er nie ganz warm geworden, auch die Sprache habe er nie wirklich beherrscht. Sein mit ihm ausgesiedelter Bruder ist in Deutschland geblieben.


Allee der Dankbarkeit

Weilheim – Mit einer Birkenallee wollen sich Spätaussiedler für die gute Aufnahme in Weilheim bedanken, berichtet das «Weilheimer Tagblatt» am 23. Oktober. „Die Stadt hat uns so gut aufgenommen, da muss man etwas zurückgeben“, begründete die Initiatorin Elisabeth Utkin die Aktion. Im Stadtrat habe der Bauausschuss zugestimmt, für die Allee einen ungeteerten Weg auf städtischem Grund anzulegen. Die Bäume würden von Spätaussiedlern gespendet und im kommenden Frühjahr gepflanzt.


Mit Musik und Kampfsport gegensteuern

Nettetal – Eine Gruppe extrem gewaltbereiter Russlanddeutscher verbreitet in Nettetal Furcht und Schrecken, schreibt die «Rheinische Post» am 24. Oktober. Eine alte Dame, die nachts bei der Polizei anrief, weil sie sich vor alkoholisierten Ruhestörern fürchtete, erhielt den Rat: „Bleiben Sie um Himmels Willen in ihrer Wohnung.“ Ein Streifenwagen sei allerdings nicht gekommen, heißt es weiter. Zwei schlichte Polizisten flößten gewaltbereiten Russlanddeutschen im Breyeller Wohngebiet Speckerfeld keinen Respekt ein, zumal dann, wenn sie deutlich in der Überzahl seien. „Das gibt es nicht nur in Nettetal“, bestätigt Günther Alsdorf, Leiter des Kreisjugendamts in Viersen. Zur Zeit werde versucht, in St. Tönis ein ähnlich bedrohliches Szenario zu entschärfen. Das Jugendamt versuche gegenzusteuern mit Musik- und Kampfsportangeboten an die Jugendlichen. Es gebe integrationsfähige und –bereite Russlanddeutsche, die es schafften, mit Familienhilfe ein Haus zu bauen, Deutsch zu lernen, Arbeit zu finden oder sich beruflich auszubilden. Wer es nicht schaffe, sich zu integrieren, gerate auf die Verliererseite. Jüngere Leute sähen keine Perspektive in dem meist ungeliebten neuen Heimatland. Sie lehnten Hilfen ab, scheiterten in Schule und Ausbildung und empfänden sich bald selbst als Bodensatz einer Gesellschaft, deren Regeln sie nicht verstünden. So wie die Polizei unter der Sparpolitik leide, indem sie nicht ausreichend Kräfte aufbieten könne, wenn es erforderlich sei, verhalte es sich auch in der Jugendpflege.


Prozess gegen Russlanddeutsche

Stuttgart/Kirchheim – Jeweils siebeneinhalb Jahre Haft hat die Staatsanwältin vor dem Stuttgarter Landgericht für zwei russlanddeutsche Spätaussiedler beantragt, die im April gemeinsam eine 14-Jährige mit Wodka hilflos gemacht und vergewaltigt haben sollen. Die beiden drogen- und alkoholabhängigen Angeklagten, 27 und 28 Jahre alt, bestritten die Tat, berichtet der «Teckbote» am 25. Oktober. Das Mädchen habe sich selbst zum Sex angeboten. Strafverschärfend kommt nach Angaben der Staatsanwältin hinzu, dass beide Angeklagte mit Hepatitis A und B infiziert und einer von ihnen auch noch HIV-positiv sei. Die Stuttgarter Kinderklinik habe inzwischen mitgeteilt, dass das Mädchen nicht angesteckt wurde. Am 5. November werden die Urteile verkündet.


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