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21. bis 27. September
„Verschärfungen sind unerträglich“

Friedrichshafen – Die jährlichen Aufnahmezahlen von Spätaussiedlern aus Russland und Kasachstan sind von 2003 bis 2008 um weit über 90 Prozent zurückgegangen, sagte die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen im Bodenseekreis, Nina Dickmann, auf der zentralen Veranstaltung des ‚Tags der Heimat‘ in dieser Region, berichtet die »Schwäbische Zeitung« am 21. September. In ihrer Rede habe sie sich gegen unnötige Härtefälle bei der Familienzusammenführung von Spätaussiedlern sowie gegen eine zu starke Betonung von Deutschkenntnissen ausgesprochen. Weitere Verschärfungen halte sie für „unerträglich“.

Vielmehr seien Erleichterungen nötig, um die Familien nicht auseinander zu reißen und vielen jungen und arbeitswilligen Deutschen aus Russland, Kasachstan und anderen postsowjetischen Republiken einen Neubeginn in Deutschland zu ermöglichen. Die Sprach- und Verständigungsprobleme der Spätaussiedler seien die Folgen jahrzehntelanger Unterdrückung und Verfolgung, der Ächtung der deutschen Sprache, so Nina Dickmann. Dies lasse sich nicht in wenigen Jahren korrigieren.


Bildung hat hohen Stellenwert

Hamburg – Russischsprachige Einwandererkinder haben bei der Integration die Nase vorn, weil Bildung für sie alles ist, schreibt »Die Welt« am 22. September und berichtet über zwei Russlanddeutsche aus Nowotscherkassk, die seit acht Jahren in Hamburg leben. Der 21 Jahre alte Sachar Kuksin bereite sich derzeit auf sein  Abitur vor, seine Schwester Alissa (20) absolviere eine Ausbildung zur Bankkauffrau und Betriebswirtin. Sie seien zwei von rund 50.000 Spätaussiedlern, die in Hamburg zuhause sind. Die Gruppe der Schüler mit Hochschulreife unter ihnen sei etwa doppelt so groß wie die der türkischen Zuwanderer. Und der Anteil an Schulabbrechern unter russlanddeutschen Jugendlichen liege bei nur drei Prozent, unter türkischstämmigen bei über 30 Prozent. Der Grund liegt nach Angaben von Olga Diewold, der russisch-deutschen Kulturvermittlerin an der Adolph-Diesterweg-Schule in Allermöhe, am leistungsorientierten Schulsystem in Russland und am hohen Stellenwert von Bildung allgemein, den viele Zuwanderer aus Russland wie Sachar und Alissa Kuksin noch miterlebt hätten.


Gorodki für die Integration

Dinklage – In Dinklage kann jetzt Gorodki gespielt werden, heißt es in der »Oldenburgischen Volkszeitung« am 24. September. Gorodki sei eine vor allem in Russland, Skandinavien und in der Türkei bekannte Mannschaftssportart, die nun in Dinklage auf Anregung von Spätaussiedlern gespielt werden könne. Die Anlage sei Teil des Projekts ‚Integration durch Sport‘ des Landessportbundes und dem örtlichen Turnverein angegliedert worden.


Lukas klingt edler als Kevin

Berlin – Eine wissenschaftliche Studie über die Reaktion auf Vornamen in Grundschulen bewegt Deutschland, schreibt »Die Welt« am 23. September. Die Untersuchung habe ergeben, dass Kinder in der Schule stigmatisiert werden, wenn sie Namen tragen, die als typisch für die Unterschicht gelten. So würden beispielsweise Kevin, Justin, Chantal oder Angelina schlechter angesehen als etwa Marie, Sarah, Lukas oder Jakob.

Namen enthüllten aber viel mehr als nur die gesellschaftliche Stellung der Eltern, heißt es in der Zeitung weiter. Wer auf einem Zeitungsfoto aus Afghanistan drei Bundeswehrsoldaten mit den Vornamen Mario, Silvio und Henry erblicke, wisse sofort, dass diese aus Ostdeutschland stammen. Und „wenn in den Polizeimeldungen von einem Schrecken verbreitenden Schlägerduo namens Artur und Eugen die Rede ist, dann handelt es sich sehr wahrscheinlich um russlanddeutsche Spätaussiedlerkinder.“


Starkes Desinteresse an den Wahlen

Waldkraiburg – Neben Erst- und Jungwählern haben Zuwanderer wenig Interesse an Wahlen. Das ergab eine Wahluntersuchung, die von der Stadtverwaltung in Waldkraiburg durchgeführt wurde, weil hier die Teilnahme an den Kommunalwahlen 2008 auffallend niedrig lag, wie die »Waldkraiburger Nachrichten« am 24. September berichten. Dieser Tage sei die an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität ausgewertete Fragebogenaktion im Stadtrat präsentiert worden. Bei der russlanddeutschen Bevölkerungsgruppe beispielsweise sei sogar ein starkes Desinteresse an der Stadt und an den Wahlen festgestellt worden, habe Verwaltungsmitarbeiter Stefan Süße vorgetragen. Bürgermeister Siegfried Klika habe hinzugefügt, „auch die Mitgliedschaft in einer Landsmannschaft bietet keine Gewähr, dass sich die Wahlbeteiligung positiv verändert“.


Ehrenamt macht selbstbewusst

Gifhorn – Junge Russlanddeutsche, Türken, Tunesier und andere jugendliche Migranten kümmern sich in Gifhorn ehrenamtlich um Pflegebedürftige, besuchen Kranke und Alleinstehende oder überlegen sich Möglichkeiten, wie junge Zuwanderer in den Schulen der Stadt besser integriert werden können, schreibt die »Gifhorner Rundschau« am 25. September. Diese Aktivitäten seien Teil des am 1. August gestarteten Projekts ‚Tut es!‘ (angelehnt an Erich Kästners Satz „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“), das aus lokalen kirchlichen Mitteln, hauptsächlich aber mit Geldern des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge finanziert werde.

„Die Jugendlichen sind mit viel Kreativität und Engagement dabei. Und man merkt, wie die ehrenamtliche Arbeit ihr Selbstwertgefühl steigert“, äußerte die Projektleiterin. In Gifhorn gebe es allein 25 unterschiedliche Religionen, und die Sozialstrukturen deren Mitglieder seien durch die verschiedenen Nationalitäten geprägt, wird Pastor Thorsten Niehaus in der Zeitung zitiert. Der Aufbau dieser Gemeinwohl-Arbeit habe allerdings viel zu lange gedauert, kritisierte der Kirchenmann. Die oft bürokratisch behinderten Vorarbeiten hätten drei Jahre in Anspruch genommen - genau die Zeit, auf die das Projekt insgesamt angelegt sei. Niehaus: „Ein Skandal.“


NPD auf Stimmenfang

Nürnberg – Die NPD lässt nichts unversucht, um in Deutschland unter den 2,6 Millionen wahlberechtigten Spätaussiedlern Stimmen zu gewinnen, berichten die »Nürnberger Nachrichten« am 25. September. Das gelte auch für die Nürnberger Region. So habe in der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause der Stadtrat und bayerische NPD-Landesvorsitzende Rald Ollert „bestmögliche Unterstützung“ bei der Integration von Aussiedlern gefordert und versucht, einen Keil zwischen Russlanddeutsche und Ausländer zu treiben. Beispielsweise lehne er die Schaffung eines Nürnberger Rates für Integration und Zuwanderung ab, da in diesem Gremium der Aussiedlerbeirat „mit den Ausländern auf eine Stufe“ gestellt würde. Diana Liberova vom Ausländerbeirat ist besorgt über die Entwicklung, heißt es in der Zeitung. Sie wisse von einem als Veranstaltung der russlanddeutschen Landsmannschaft getarnten Treffen zwischen NPD und Aussiedlern im Nürnberger Land, auf dem die Teilnehmer ihre gemeinsamen „Blutswurzeln“ beschworen hätten.


Neigung zu nationalistischem Gedankengut

Düren – Johann Thießen kam als Russlanddeutscher in die Bundesrepublik. Dieser Tage stand der 53-Jährige Lagerarbeiter in der Fußgängerzone von Düren und warb anlässlich der Bundestagswahl für die NPD, berichtet der »Spiegel« am 21. September. Gemeinsam mit NPD-Chef Udo Voigt habe er versucht, den Unionsparteien deutschstämmige Wähler aus der früheren Sowjetunion abspenstig zu machen. Seit Wochen verteile die rechtsextreme Partei in den Aussiedlerhochburgen des Landes Flugblätter an die „Volksgeschwister“ aus dem ehemaligen Ostblock. Sie könnten sich in der Tat bei ihren Werbefeldzügen auf Erkenntnisse von Sozialwissenschaftlern stützen, so das Blatt, die bei Aussiedlern oft eine Neigung zu nationalem Gedankengut festgestellt hätten.

Viele würden sich auf das völkische Abstammungsprinzip berufen, habe auch Alexander Häusler von der Fachhochschule Düsseldorf bestätigt. Dass es die Union zudem versäumte, russlanddeutsche Politiker aufzubauen, habe der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Bergner, eingeräumt. „Wer will schon seinen sicheren Listenplatz für einen Aussiedler aufgeben?“, fragte der CDU-Politiker. Der »Spiegel« zitiert Adolf Fetsch, den Vorsitzenden der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, mit den Worten: „Noch vor Jahren wurden wir von Rechtsradikalen verfolgt. Jetzt will die NPD Menschen ködern, die zu großen Teilen noch von einem nationalen Gefühl geprägt sind.“


Polizist durch Kopfschuss schwer verletzt

Passau – In einem Passauer Polizeirevier hat ein 27-jähriger Spätaussiedler einen Polizisten mit dessen eigener Dienstwaffe in den Kopf geschossen, berichtet der »Spiegel« am 25. September. Der Tat sei eine verbale Auseinandersetzung vorausgegangen, bei der der offenbar stark betrunkene Täter dem 49-jährigen Beamten die Waffe entrissen habe. Nachdem der Täter das ganze Magazin leergeschossen hatte, sei er von herbeigeeilten Beamten festgenommen worden. Bei dem Aussiedler handele es sich um einen aus Kasachstan stammenden Deutschen. Er arbeite als Schweißer, sei verheiratet und habe zwei Kinder. Der Polizei sei er bereits wegen Körperverletzung und Diebstahl bekannt. Das Opfer sei schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt worden.
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