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18. bis 24. Februar

Wer Fuß fassen will, braucht einen Job

Brandenburg/Havel – Den Lebensabend in Deutschland zu verbringen, davon träumte ein russlanddeutsches Paar. Der Sohn war schon dort und wartete auf die Eltern. Die verkauften ihre Hühner und die zwei Milchkühe und zogen mit Sack und Pack nach Brandenburg an der Havel. Nach einem Jahr legten sie die Pässe auf den Tisch und meinten: „Nie wieder nach Deutschland.“ Heute leben sie wieder glücklich in ihrem Heimatdorf, berichtet die «Märkische Allgemeine» am 20. Februar. Waldemar Bauer, Vorsitzender des Vereins ‚Neue Zeiten‘ könne diesen Trend bestätigen, auch wenn es in der Brandenburger Region letztlich nur wenige Rückkehrer gebe. Wer in Deutschland Fuß fassen wolle, müsse jedoch einen Job finden. Und den bekomme nur, wer auch die deutsche Sprache beherrscht. „Es gehen vor allem jene zurück, die sich ein, zwei Jahre umgeschaut haben und feststellen mussten, es geht nicht“, sagt Bauer. Oder einer aus der Familie pendle aus beruflichen Gründen zwischen Deutschland und der früheren Heimat. Wer allerdings schon fünf oder sechs Jahre hier lebe, denke kaum noch an Rückkehr. Denn viele Spätaussiedler hätten alle Brücken abgebrochen. Eine neue Existenz aufzubauen, sei schwierig und kostspielig.


„Tendenz zur Remigration“

München – Viele Russlanddeutsche beklagen ein Gefühl der Chancenlosigkeit. Doch seit einiger Zeit gibt es eine Tendenz zur Remigration, nicht zuletzt wegen der verbesserten wirtschaftlichen Lage in Russland, heißt es auf der Jugendseite jetzt.de der «Süddeutschen Zeitung» am 19. Februar. Auch der 22-jährige Spätaussiedler Vasilij G., der 1990 mit seiner Mutter aus Moskau nach Deutschland kam, plant seine Rückkehr nach Moskau, wie er in einem Interview mit jetzt.de sagt. In Berlin, wo er seit 2000 lebt, habe er hauptsächlich russische Freunde gefunden und zunehmend seine russische Identität und die Unterschiede zu Deutschland gespürt, nachdem er 1995 erstmals wieder in Russland gewesen sei.
Wie viele Spätaussiedler sich so fühlten, könne er nicht sagen. „Aber jeder denkt zumindest darüber nach, zurückzugehen, da bin ich sicher. Vor allem, weil es in Russland wirtschaftlich auch bergauf geht.“ Viele Russlanddeutsche würden sehen, dass ihre Freunde in der ehemaligen Heimat sich mittlerweile ein Haus bauen oder in den Urlaub fahren könnten – „Dinge, die man sich als Spätaussiedler in Deutschland nicht leisten kann“. Gemeinsam mit sechs anderen Studenten, bis auf einen alle Spätaussiedler, betreibe er ein Internet-Portal, das vornehmlich im Ausland lebenden Russen bei der Rückkehr nach Russland behilflich ist. Das Projekt wurde im Sommer 2007 mit dem Jugendpreis der Robert-Bosch-Stiftung für deutsch-russische Zusammenarbeit ausgezeichnet.


Russlanddeutsche - keine Russen

Münster – Bis zum 2. März ist im Heimatmuseum Kinderhaus die Wanderausstellung ‚Volk auf dem Weg‘ zu sehen, die das Schicksal der Russlanddeutschen beleuchtet, heißt es in der «Münsterschen Zeitung» am 18. Februar. Das Blatt erinnert daran, dass die Ausstellung, die Josef Schleicher von der Landsmannschaft der Deutschen am 10. Februar eröffnet hatte, bereits einmal Thema war. In seiner Einführung habe er immer von „Russlanddeutschen“ oder „Deutschen aus Russland“ gesprochen, nie aber von „Russen“, wie es in dem ersten Zeitungsbericht wiedergegeben worden sei. Viele Russlanddeutsche fühlten sich durch die Bezeichnung „Russen“ verunglimpft. Das Blatt entschuldigte sich für die „missverständliche Berichterstattung“.


Übergangswohnheime stehen leer

Remscheid – „Es kommen keine Aussiedler mehr.“ Mit dieser Begründung erklärte Sabine Erxleben von der Remscheider Stadtverwaltung dem Ausschuss für Soziales, Jugend und Familie, warum die Übergangswohnheime der Stadt beinahe leer stehen, berichtet der «Remscheider Generalanzeiger» am 24. Februar. Statt Spätaussiedlern würden sie vor allem von Asylbewerbern bewohnt. Die Heime könnten nicht einfach geschlossen werden, weil sie mit Landesmitteln errichtet worden seien. „Die müssten gegebenenfalls zurückgezahlt werden.“


Mehr Aussiedler angeln in Brandenburg

Spremberg – Rund 1860 Mitglieder gehören den 27 Angelvereinen im Landkreis Spree-Neisse an, berichtete Ralf-Reiner Krause der «Lausitzer Rundschau» am 19. Februar. Der Vorsitzende des Kreisverbands der Angler äußerte sich über das neue Gesetz zum so genannten Friedfischschein, das „im Kreis gut angenommen wird“. Das Landwirtschaftsministerium Brandenburgs habe den Friedfischern erlaubt, ohne Fischerprüfung zu angeln. Vor allem „unsere ausländischen Sportfreunde machen davon regen Gebrauch“, betonte Krause. Er meine damit nicht nur Touristen und Angler aus den Nachbarländern, sondern zahlreiche Aussiedler, die verstärkt an den Seen des Kreises ihre Angelruten auswerfen würden.


Mehr tatverdächtige Spätaussiedler

Stade – Mit einem „deutlichen Rückgang“ von Straftaten und einer Steigerung der Aufklärungsquote wartet die polizeiliche Kriminalstatistik 2007 für den Landkreis Stade auf, berichtet das «Presseportal» am 22. Februar. Rückläufig seien zum Beispiel Diebstahls-, Tötungs- und Rauschgiftdelikte. Eigens ausgewiesen wurde in dem Polizeibericht, dass unter den Tatverdächtigen 329 Spätaussiedler festgestellt worden seien, was einem Anteil von 7,13 Prozent entspreche. Im Vorjahr wären es noch 133 Spätaussiedler gewesen, die einen Anteil von 2,89 Prozent ausgemacht hätten.


Vorurteile unter Jugendlichen

Nördlingen – Im Nördlinger Jugendzentrum an der Lerchenstraße war der Film „Russenbande und Türkengang“ zu sehen. 30 Jugendliche waren zu dem Filmabend mit anschließender Diskussion gekommen, der vom Integrationsprojekt der Diakonie und dem Bayerischen Jugendring veranstaltet worden war, berichtet die «Augsburger Allgemeine» am 22. Februar. Leider, meinten die Veranstalter, handelte es sich bei den Besuchern fast ausschließlich um Spätaussiedler. Der Film zeigte Interviews mit russlanddeutschen, türkischen und einheimischen Jugendlichen über deren gegenseitige Vorurteile, unter anderem darüber, dass die Einheimischen angeblich nur Kartoffeln essen, die Türken nur Döner und die Russlanddeutschen nur Wodka trinken würden, dass Türken und „Russen“ sich nicht leiden könnten und alle Deutschen ausländerfeindlich seien.
Bei der anschließenden Diskussion, so die Zeitung, wurde deutlich, dass sich die Jugendlichen mit Mitschülern oder Arbeitskollegen aus anderen Nationen verstünden, sich aber nur mit Gleichaltrigen aus derselben Herkunftsregion wirklich anfreundeten. „Weil man mit den Leuten einfach mehr auf einer Wellenlänge ist von der Mentalität her“, sagte ein Jugendlicher. Mit Vorurteilen sei man natürlich häufig konfrontiert. Aber gegen Vorurteile komme man schlecht an, und wenn man sich aus dem Weg gehe, könnten sie auch nicht abgebaut werden.


Kommunalpolitik als Familienangelegenheit

Passau – Von wegen Politikverdrossenheit, heißt es in der «Passauer Neuen Presse» am 23. Februar. Das mag für Bundestags- und Landtagswahlen gelten, nicht aber für die bevorstehenden Kommunalwahlen in Bayern. Gut und gerne 14.000 Kandidaten würden sich am 2. März um Posten und Mandate in den 185 Städten und Gemeinden im Verbreitungsgebiet der Zeitung sowie um einen Sitz in den sieben Kreistagen der Region bewerben. In Eggenfelden zum Beispiel stünden die Wähler vor einer schwierigen Wahlentscheidung, nämlich welches Mitglied der Familie Popp sie in den Stadtrat schickten. Vier der fünfköpfigen Unternehmerfamilie kandidierten um einen Sitz – auf drei verschiedenen Listen mit durchaus kontroversen Positionen. Politische Debatten bei Frühstück könnte es auch bei der Spätaussiedler-Familie Rode in Burgkirchen a.d. Alz geben: Hier wolle Mutter Nina (47) für die CSU in den Gemeinderat der 10.000-Einwohner-Kommune, während die 19-jährige Tochter Lia für die SPD antrete. Die 1990 aus Kasachstan in die Bundesrepublik ausgesiedelte Familie sei ein Lehrbeispiel für gelungene Integration. Privat wie beruflich habe sie Fuß gefasst und engagiere sich nun generationenübergreifend in der Kommunalpolitik.


Eine sterbende Kultur

Berlin – Andrea Stritz war Deutschlehrerin in Saratow. In der Millionenmetropole an der Wolga gibt es „eine reiche deutsche Kultur“, erzählt die 39-Jährige der «Berliner Zeitung» am 18. Februar. Allerdings sei es auch eine sterbende Kultur. Gab es vor zehn Jahren noch etliche tausend Russlanddeutsche, lebten heute nur noch einige hundert in Saratow. Vor zwölf Jahren war sie als Sprachstudentin zum ersten Mal aus Rostock dorthin gekommen. Nach dem Auslandssemester nahm sie in der Wolgastadt für ein weiteres Jahr eine von deutscher Seite ausgeschriebene Stelle als Sprachlehrerin an, „um die Russlanddeutschen auf ihre Ausreise nach Deutschland vorzubereiten“, heißt es in dem Artikel. Um den Wolgadeutschen die Übersiedlung zu erleichtern, habe die Bundesregierung Ende 1994 ein Konsulat in der Stadt eröffnet. Große Unterstützung habe das beim Stadtsowjet, der die fleißigen und akkuraten Deutschen nicht ziehen lassen wollte, nicht gefunden.
Deshalb bekam der deutsche Konsul keine Räume zur Verfügung gestellt. Jahrelang hätten sich er und seine Mitarbeiter deshalb im Hotel ‚Wolga’ einmieten müssen. Mitte 1997 war dann Stritzes Zeit in Saratow erneut abgelaufen, und sie ging nach Deutschland zurück – wenn auch nur für wenige Monate. Sie habe das Leben in der Bundesrepublik einfach nicht mehr ausgehalten. Erneut ließ sie sich als Sprachlehrerin in Saratow nieder, diesmal für das Goethe-Institut. Als dann auch diese Anstellung zu Ende ging, unterrichtete sie an einer Universität in Lettland. Und erneut ging es an die Wolga, diesmal für die Robert-Bosch-Stiftung nach Togliatti. Über Saratow berichtet sie, dass zu deutschsprachigen Lesungen allenfalls noch Firmenvertreter aus der Bundesrepublik kämen, Russlanddeutsche jedoch fast nie. „Es gibt zwar noch drei russlanddeutsche Vereine. Die sind aber nur noch Show“, sagt sie. „Die Leute hier erzählen, dass die wolgadeutschen Vereine nur noch da sind, um Fördergelder zu kassieren.“


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