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Nationalitätenpolitik verbesserungswürdig

Konstruktive Vorschläge der Russlanddeutschen

Am 20. November 2007 fand eine gemeinsame Tagung des Koordinationsrates der nationalen Kulturautonomien Russlands beim Föderationsrat der Russischen Föderation (RF) und einer Arbeitsgruppe der Föderativen Versammlung der RF zur Vervollkommnung der Gesetzeslage in der Nationalitätenpolitik Russlands statt. Von russlanddeutscher Seite nahmen an der Arbeit des Koordinationsrates Viktor Baumgärtner, Präsident der Föderalen Kulturautonomie der Russlanddeutschen, und Iwan Keller, Ratsvorsitzender der Russischen Assoziation russlanddeutscher gesellschaftlicher Organisationen „Sodruschestwo“ [dt.: Gemeinschaft] teil.


Moskau, im November 2007 - Bei der Erörterung des Themas „Vervollkommnung der Gesetzeslage in der staatlichen Nationalitätenpolitik“ äußerte sich auch Viktor Baumgärtner. In seiner Rede stellte er fest, dass ein Jahrzehnt Praxis der derzeitigen Konzeption für die staatlichen Nationalitätenpolitik gezeigt hat, wo das schwächste Glied bei der Umsetzung zu suchen ist: in der ständigen Reorganisation, die letztendlich darin gipfelte, dass das zuständige föderale Organ, das Nationalitätenministerium, aufgelöst wurde.

Wenn dann schon anstelle des ehemaligen Nationalitätenministeriums über 20 Ministerien, Ausschüsse und andere Gremien für die Umsetzung der staatlichen Nationalitätenpolitik zuständig sind, bedarf es wenigstens eines starken Koordinierungszentrums, das mindestens dem Vizepremierminister unterstellt sein müsste.

Mit der Auflösung des Nationalitätenministeriums verwaiste auch die Konzeption der staatlichen Nationalitätenpolitik. Das Interesse der russischen Behörden und der russischen Politiker für Nationalitätenprobleme war aus unserer Sicht nur noch episodenhaft, in der Regel im Kontext des internationalen Terrorismus auszumachen. Die Überarbeitung der gültigen Konzeption zog sich unverständlich lange hin, wodurch die Gesellschaft irritiert wurde und nur unnötige Gerüchte aufkamen [...]. Besonders sensibel und hellhörig reagieren natürlich Angehörige von Völkerschaften, die über keine territoriale Autonomie  verfügen, auf Äußerungen der offiziellen Nationalitätenpolitik. Auch die Russlanddeutschen, als Angehörige des einzigen bislang nicht rehabilitierten Volkes in Russland, fühlen sich hinsichtlich ihrer Zukunft verunsichert.

Aus unserer Sicht[...] sollten bei der Neugestaltung der Konzeption der staatlichen Nationalitätenpolitik folgende Punkte berücksichtigt werden [...]:

1. In einem Vielvölkerstaat muss die Nationalitätenpolitik so gestaltet werden, dass die Eigenständigkeit jedes Volkes, seiner Kultur, seines Selbstwertgefühls und die spezifischen Interessen jeder Nationalität unter Beachtung demokratischer Gepflogenheiten [...] gewahrt werden.

2. Höchstes Ziel der staatlichen Nationalitätenpolitik sollte es sein, allen Völkern Russlands optimale Bedingungen für ihre Existenz zu bieten und Konflikte zwischen den Nationalitäten rechtzeitig zu erkennen. Das ist nur möglich, wenn die einheitliche, föderative Struktur des Staates erhalten bleibt, die sich auf eine stabile historische Tradition stützt und den Interessen aller nationaler Gruppen, Territorien und Regionen entspricht.

3. Die Forderungen der von Russland ratifizierten UNO-Konvention „Über die Liquidierung aller Formen der Rassendiskriminierung“ und der Rahmenkonvention über den Schutz der Rechte nationaler Minderheiten müssen erfüllt werden.

4. Es ist weiterhin erforderlich, alle gesellschaftlichen und religiösen Gruppen in die Vervollkommnung der staatlichen Ordnung der Russischen Föderation einzubeziehen, um das wirtschaftliche Potenzial der einzelnen Subjekte der RF zu entwickeln, Projekte von gesamtnationaler Bedeutung zu realisieren, den Wohlstand der Bevölkerung zu heben, die nationalen Kulturen zu erhalten, den Patriotismus zu fördern und die grundlegenden Menschen- und Bürgerrechte unabhängig von nationaler und religiöser Zugehörigkeit und unabhängig vom Wohnort oder anderen Unterschieden zu gewährleisten.

Dazu sollte der Status der Institution „Nationale Kulturautonomie“ erhöht werden. Maßnahmen der Kulturautonomien und anderer nationaler Organisationen müssten umfassend und ganz praktisch unterstützt werden, z. B. wenn es um die Eröffnung von Kulturzentren, Begegnungsstätten, Häusern der Völkerfreundschaft etc. geht [...].

Denkbar ist auch, bei den jeweiligen Exekutivorganen interkonfessionelle Räte zu installieren, die das Ziel verfolgen, die Zusammenarbeit zwischen religiösen Organisationen und staatlichen Behörden zu verbessern und Frieden und gegenseitiges Verständnis zwischen den Vertretern unterschiedlicher Religionen zu fördern. [...]

5. Es muss ein funktionsfähiger Mechanismus zur Umsetzung der staatlichen Nationalitätenpolitik geschaffen werden.

6. Es müssen Programme für den ethnisch-kulturellen Erhalt und die Förderung der Nationalitäten und der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Völkern auf der Basis einer staatlichen Finanzierung entwickelt werden. In den Haushaltsplan muss dazu im Titel Sozialpolitik die Rubrik Nationalitätenpolitik aufgenommen werden.

7. Steuerung der Migrationsströme im Interesse des Staates.

8. Erarbeitung und Verabschiedung von Gesetzen und gesetzlichen Regelungen zur [...] harmonischen Gestaltung der Beziehungen zwischen den Nationalitäten. [...]

Quelle: Администрация ФНКА российских немцев:„Совместное заседание Координационного совета ...“;
Administracija FNKA rossijskich nemcev: „Sovmestnoe zasedanie Koordinacionnogo soveta ...“;
http://www.rdinfo.ru/
Stand: 27. November 2007; Übersetzung: Norbert Krallemann


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