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„Ist das deutsche Komma wirklich mein Leben wert?“

Verlage geben im Streit um neue Rechtschreibung nach

Berlin (ORNIS) - Vorläufige Entwarnung für alle, die die deutsche Sprache lernen und dazu in deutschen Zeitungen und Zeitschriften blättern: Der Kampf mehrerer Pressegiganten gegen die Reform der deutschen Rechtschreibung war ein Sturm im Wasserglas. Nun wollen sie sich der Reform nicht weiter widersetzen. Doch damit ist das Durcheinander um richtig und falsch in der Rechtschreibung nicht behoben.


Schließlich erwies sich als Schlag ins Wasser, was als großer Coup angelegt war - und der Rest der Presse kann seine Häme nicht verbergen. Im August schlossen sich die Großen im Gewerbe, der Springer-Verlag, Deutschlands größtes Zeitungshaus, die „Süddeutsche Zeitung“, bedeutendste überregionale Zeitung des Landes, und das auflagenstärkste Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zusammen, um dem vermeintlichen Chaos bei der neuen Rechtschreibung ein Ende zu bereiten: Man wollte zu den alten Regeln zurückkehren. Das Boulevard-Blatt „Bild“ (Springer-Verlag) kalauerte und erfand das Wort von der „Schlechtschreibreform“.

Den Todesstoß versetzten sie der Reform, die im kommenden Jahr Recht und Gesetz werden soll, damit nicht. In diesen Tagen teilt ein Verlag nach dem anderen kleinlaut mit, bei den neuen Regeln bleiben zu wollen, die vor sechs Jahren erlassen worden waren und derzeit gleichsam im Probebetrieb laufen. Die „Süddeutsche Zeitung“ lässt gar durchblicken, man habe ohnehin nur mit gebremstem Elan an dem Aufstand teilgenommen. Nur Springer bleibt weiterhin Rechtschreibrebell. In Deutschlands Schulen wird seit langem nach den neuen Regeln unterrichtet.

Wie die Deutschen schreiben, ist nicht Sache der Bundesregierung, sondern der 16 Bundesländer, die die Kulturhoheit in Deutschland ausüben. Daher haben die Ministerpräsidenten der Länder jetzt beschlossen, einen „Rat für Rechtschreibung“ einzusetzen, der bis April nächsten Jahres Ungereimtheiten und Fehlerhaftes in den neuen Regeln benennen soll. An der neuen Rechtschreibung wird allerdings grundsätzlich festgehalten. Immer wieder ist es in den vergangenen Jahren zu Streit in Einzelfragen der Reform gekommen. Für manche Sprachschützer ist der Kampf gegen die Reform beinahe zur Weltanschauung geworden. Diesen Streitern riet die Schriftstellerin Katharina Rutschky kürzlich in einem Gespräch, sich einmal die Frage zu stellen: „Ist das deutsche Komma wirklich mein Leben wert“?

Manche fragen sich nun, wie lange Springer bei seiner Weigerung und den alten Regeln bleiben wird. Allein steht der Verlag nicht. Vor vier Jahren schon hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung den Rückzug zur alten Rechtschreibung angetreten und bis heute durchgehalten. (© ORNIS, 12. Oktober 2004)

 

 
 
Links zum Thema
- Diskussionsforum von Kritikern der Rechtschreibreform
- Die "Bibel" zur deutschen Rechtschreibung

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