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Abrüstung in Fichtenwald

Im Ural werden mit deutscher Hilfe Chemiekampfstoffe vernichtet
Abrüstung in Fichtenwald Der deutsche Botschafter in Moskau, Walter Jürgen Schmid (rechts), in der neuen Anlage zur Vernichtung von Chemiewaffen im Ural
Foto: Deutsche Botschaft, Moskau

Moskau (ORNIS) - Die Einweihung der Anlage zur Vernichtung von Chemiewaffen verlief wenig spektakulär. Die angereisten Spezialisten aus Deutschland und Russland, Militärs und Bauleute schnitten das symbolische rote Band vor der hochmodernen Fabrik durch. Über einen Videobildschirm beobachteten sie dann, wie ein Techniker in Schutzanzug die Anlage zur Vernichtung des hautschädlichen C-Waffen-Kampfstoffes Lewisit in Betrieb setzte. Die Anlage ist die zweite ihrer Art, die in Russland mit deutscher Hilfe gebaut wurde.

Es war das erste Mal, dass Anfang März Journalisten der Zugang zum Sperrgebiet gestattet wurde. Die schwerbewachte Lagerstätte für Kampfstoffe liegt in einem Fichtenwald, anderthalb Kilometer von der Stadt Kambarka entfernt. Die 240 Jahre alte Stadt im Westural hat 50.000 Einwohner. Seit Herbst 1941 ist hier Lewisit gelagert. Der Bestand wuchs während der Jahrzehnte auf 6.400 Tonnen. Der Kampfstoff lagert in 50 Kubikmeter-großen Behältern. Über die Behälter haben Spezialisten jetzt aus Sicherheitsgründen eine große Metallkuppel gebaut.

Bis April nächsten Jahres will man die Hälfte des Bestandes und bis 2008 den gesamten Bestand vernichten. Der Bau der hochmodernen Anlage hat 270 Millionen Euro gekostet. Deutschland trägt ein Drittel der Kosten.
Russland hatte von der Sowjetunion 40.000 Tonnen chemischer Waffen in sieben Lagerstätten geerbt. 16 Prozent davon lagern hier. Russland ist der größte Besitzer chemischer Waffen weltweit. 1997 hatte sich das Land in einem internationalen Abkommen verpflichtet, bis 2012 seinen gesamten Bestand an Chemiewaffen zu beseitigen. Die geblichen Kristalle, die nach der Vernichtung des Kampfstoffes übrig bleiben, will man – da sie unschädlich sind – in der chemischen Industrie weiterverarbeiten.

Wiktor Cholstow von der Föderalen Agentur für Industrie pries das hohe ökologische Niveau der 15 Hektar großen Anlage in Kambarka. Man tue alles, um Arbeiter und Anwohner zu schützen. Auch der deutsche Botschafter in Russland, Walter Jürgen Schmid, der der Einweihung beiwohnte, zeigte sich zufrieden. Deutsche Spezialisten hatten die Anlage bereits während und nach einem Probelauf im Dezember geprüft und erklärt, dass sie den Sicherheitsanforderungen entspreche. In dem Betrieb arbeiten viele Frauen. Zur Sicherheit tragen sie bei der Arbeit in einem grünen Täschchen ständig eine Gasmaske bei sich. Die Löhne in der Anlage sind mit 340 Euro vergleichsweise hoch. Die Durchschnittslöhne im Westural liegen bei 85 Euro.

Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland auf dem Gebiet der Chemiewaffenvernichtung begann 1992. Deutsche Spezialisten waren schon beim Bau der ersten Anlage dieser Art in Gorni im Gebiet Saratow beteiligt. Auch der Bau dieser Anlage wurde von Deutschland finanziell unterstützt. Zwei weitere Anlagen zur Vernichtung von russischen Chemiewaffen im Dorf Maradykowo im Gebiet Kirow und nahe der Stadt Shchuchye im Kurgan-Gebiet sollen in den nächsten Jahren ihren Betrieb aufnehmen.

Präsident Wladimir Putin bezeichnete den Start in Kambarka in einer Grußbotschaft als „ernsthaften Schritt auf dem Wege der Realisierung wichtiger internationaler Abkommen und Verpflichtungen.“ Er sei sicher, „dass das gebaute Objekt zur Lösung der aktuellen Probleme der chemischen Abrüstung beitragen wird.“ Am Tag der Eröffnung schien die  Sonne, und um das von hohen Fichten und Zäunen umgebene Fabrikareal stapften Soldaten-Patrouillen in Dreiergruppen mit aufgepflanztem Bajonett durch den tiefen Schnee. Früher schützten sie die Waffen, heute schützen sie ihre Vernichtung, wie der Fernsehkanal NTW lakonisch bemerkte. (© ORNIS/Ulrich Heyden, 4. April 2006)

 
Links zum Thema
- Greenpeace zu Giftgaslagern in Russland

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