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„Das hätte schon viel früher geschehen müssen“

Komi: deutsch-russische Partnerschaften
„Das hätte schon viel früher geschehen müssen“ Foto: stock.xchng

Russische Schulen scheinen stärker, deutsche weniger an gegenseitigen Partnerschaften interessiert zu sein. Zwischen zwei Schulen in Syktywkar, Gebiet Komi, und in Wachtendonk in Nordrhein-Westfalen allerdings klappt es ausgezeichnet, berichtet Oleg Strahler aus Komi. Er hofft auf einen Ausbau der Partnerschaftsprogramme.

Syktywkar, im Januar 2010 - In der russlanddeutschen Kulturautonomie der Republik Komi kennt man Partnerschaftsbeziehungen nicht nur vom Hörensagen. So unterhält die Schule mit erweitertem Deutschunterricht in der Hauptstadt Syktywkar bereits seit 1996 enge Beziehungen zu einer Schule im nordrhein-westfälischen Wachtendonk nahe der holländischen Grenze.

2007 wurde einer der ersten Partnerschaftsverträge mit einer Ortsgruppe der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland abgeschlossen. Über Entwicklung und Probleme dieser Partnerschaft sprach Oleg Strahler, Leiter der Kulturautonomie von Komi, mit der "Moskauer Deutsche Zeitung" (MDZ).

Interviewpartner Oleg Strahler
MDZ: Was halten Sie von der Idee der Partnerschaften?
Oleg Strahler: Wir befassen uns damit bereits seit 1996. In der Praxis gehörte dazu ein fast jährlicher Schüleraustausch zwischen unserer Schule mit erweitertem Deutschunterricht und der Partnerschule in Wachtendonk.

2007 wurde dann auch ein Partnerschaftsvertrag zwischen Udo Rosenkranz, dem Bürgermeister von Wachtendonk, und Roman Senischtschew, dem Leiter der Stadtverwaltung von Syktywkar, unterzeichnet. Und schließlich kam die Partnerschaft mit der Landsmannschaft hinzu – eine sehr gute Idee. Schade, dass dies nicht schon viel früher geschehen ist.

Denn einerseits bietet das eine ausgezeichnete Möglichkeit, mit Landsleuten, Freunden und Verwandten ins Gespräch zu kommen, andererseits haben die heutigen Bundesbürger dadurch bessere Möglichkeiten, den Kontakt ihrer Kindern mit der Heimat, also, dem Ort, wo die Eltern und Großeltern aufgewachsen sind, zu pflegen. Außerdem wird so etwas für die Pflege der russischen Sprache und Kultur getan, was sicher eine Bereicherung ist.

Wie entwickelt sich aus Ihrer Sicht das Modell der Partnerschaft?
Es ist für mich nicht einfach, eine allgemeine Einschätzung des Projekts zu geben. Ich denke auch, dass das eine Aufgabe der Partnerschaftskonferenz ist. Ich kenne einerseits positive Beispiele für die Entwicklung von Partnerschaftsbeziehungen, zum Beispiel in Ischewsk, anderseits aber auch Beispiele dafür, dass diese Beziehungen völlig eingeschlafen sind. Das betrifft beispielsweise das Begegnungszentrum in Nischnij Tagil.

Impressionen aus Syktywkar
Foto: Victor Radziun

Wir selbst wollen mehr aus unserer Partnerschaft herausholen. Die Beziehungen zu der Ortsgruppe in Offenburg entwickeln sich prächtig. Inzwischen gibt es nicht nur den Austausch von Jugendgruppen, sondern noch weitere Partnerverträge zwischen Schulen. […] Inzwischen wurden wir auch schon von der Stadtverwaltung in Sosnogorsk angesprochen, wo man von unseren Beziehungen weiß und uns um Hilfe gebeten hat, einen Partner in Deutschland zu finden.

Daran arbeiten wir zurzeit. Ich muss dazu aber auch sagen, dass das nicht ganz einfach ist. Fast alle Städte in Deutschland pflegen bereits Beziehungen zu Partnerstädten in anderen Ländern. Diese Beziehungen werden auch sehr ernst genommen. Daher wollen viele nicht noch eine weitere Partnerstadt, noch dazu aus der russischen Provinz.

Es gab also schon viele Absagen mit unterschiedlichen Begründungen. Das betrifft übrigens auch Schulpartnerschaften. Während des ganzen Jahres waren wir praktisch auf der Suche und haben bisher ein gutes Dutzend freundlicher Absagen bekommen.

Welche Probleme gibt es bei der Verwirklichung Ihrer Projekte?
Der Ausbau der Partnerschaftsbeziehungen ist sicher das Hauptproblem. Auf der Sprachkonferenz haben wir dem Innenministerium der Bundesrepublik vorgeschlagen, Schulen in Deutschland für Partnerschaftsbeziehungen mit Schulen in der russischen Provinz zu begeistern. Das Interesse daran ist in unseren Schulen stärker ausgeprägt als in Deutschland. Vielleicht schreckt ja viele auch die lange, beschwerliche Reise zu uns, das Ungewisse, das sie erwartet und die langwierigen Visaformalitäten ab.

 

Was war für Sie das interessanteste Partnerschaftsprojekt?
Für uns war das Beeindruckendste natürlich die erste Reise nach Deutschland zu unseren Partnern. Allein damit hat sich die Partnerschaft bereits gelohnt. Viele von uns lernten ein bisher völlig unbekanntes Land mit all seinen Möglichkeiten kennen. Wir waren sehr viel in Deutschland unterwegs, diskutierten, hatten viel Spaß miteinander und trieben auch gemeinsam Sport.

Es war schon fast Alltag für uns. Unseren Partnern fühlten wir uns sehr nah, und über allem schwebte die Hoffnung auf eine Fortsetzung in der Zukunft. Ich kann mir nur wünschen, dass unsere Partner, wenn sie zu uns kommen, nicht enttäuscht sein werden.

Welche Erwartungen knüpfen Sie an die Entwicklung der Partnerschaften?
Ich träume von dem Tag, an dem es keine Hindernisse mehr gibt und sich zwischen Menschen und Organisationen völlig natürlich freundschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen entwickeln.

Quelle: Ольга Силантьева: „Над всем витала надежда …“,
Olʼga Silantʼeva: „Nad vsem vitala nadezda …“,
www.rusdeutsch.ru v. 23. November 2009;
Übersetzung: Norbert Krallemann
 
Links zum Thema
- Webseite von Syktywkar
 
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