ORNIS-PRESS
ORNIS-PRESS
ORNIS-RSSORNIS-RSS|ORNIS InfoBriefORNIS InfoBrief|  

Sie sind hier: Startseite ›› Wochenrückblick ›› 2006

Schrift: kleiner | normal | größer

5. bis 11. Juni

Ein Fünftel Zuwanderer in Deutschland

Frankfurt am Main – Von den knapp 83 Millionen Einwohnern Deutschlands sind gut 15 Millionen entweder selbst zugewandert oder haben mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil, berichtet die »Financial Times Deutschland« am 6. Juni. Die Zeitung bezieht sich auf das Ergebnis des „Mikrozensus 2005“, einer Haushaltsbefragung des Statistischen Bundesamtes. Danach ist der Anteil von Bürgern aus Zuwandererfamilien mehr als doppelt so hoch wie der Anteil von Ausländern in Deutschland, weil im Mikrozensus nicht nach der Staatsbürgerschaft, sondern nach der Herkunft gefragt wurde. Mitgezählt wurden also auch Aussiedler und Ausländer, die längst eingebürgert sind. Die neuen Zahlen sind vor allem deshalb wichtig, schreibt die Zeitung, weil Integrationsprobleme nicht mit dem Erwerb des deutschen Passes verschwinden.

 

„Gefühlte Zuwanderung“

Berlin – Auch die »Welt« beschäftigt sich am 7. Juni mit dem Mikrozensus. Angesichts der überraschend hohen Zahl von Bürgern aus Migrantenfamilien schreibt die Zeitung, „ohne Zuwanderung wäre der Alterungsprozess in der deutschen Gesellschaft deutlich fortgeschrittener, als er heute schon ist“. Allerdings sinke die Zahl der Zuwanderer; 2005 seien nur rund 136.000 Menschen mit dem Ziel eingereist, dauerhaft im Land zu bleiben. Die Diskrepanz zwischen tatsächlicher Anzahl und dem in der Bevölkerung vermuteten Zuzug erklärte sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble in einem Welt-Interview so: „Was die Menschen erleben, ist aber ´gefühlte` Zuwanderung, zum Beispiel wegen des Familiennachzugs.“ Im vergangenen Jahr hatten rund 53.000 Menschen ein Visum als Familienangehörige erhalten. Ohne Zuwanderung, so die Welt weiter, würde die deutsche Bevölkerungszahl von heute knapp 83 Millionen auf 59 Millionen im Jahr 2050 sinken.

 

„Deutschland ist durchaus eine Zuwanderungsgesellschaft“

Köln – Im »Kölner Stadtanzeiger« vom 6. Juni wird ebenfalls das Ergebnis des Mikrozensus vorgestellt, wonach fast jeder fünfte Bürger in Deutschland seine Wurzeln im Ausland hat. Die Zeitung zitiert Johann Hahlen, den Präsidenten des Statistischen Bundesamtes, mit der Feststellung: „Wenn in einer Gesellschaft 19 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund haben, dann kann man durchaus von einer Zuwanderungsgesellschaft sprechen.“ Auch Hahlen ist der Überzeugung, dass Migranten dazu beitragen, „den Alterungsprozess unserer Gesellschaft deutlich zu bremsen“. Anders als bei den Deutschen gehe bei den Zuwanderern der Anteil der Unter-Vierzigjährigen nicht zurück.

 

WM-Karten für Ehrenamtliche

Bebra – Eva Scharf ist seit Jahren als Beraterin für die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland im Kreis Hersfeld-Rotenburg aktiv und engagiert sich für die Integration der Spätaussiedler. Dafür möchte ihr der hessische Ministerpräsident Roland Koch seinen Dank aussprechen, heißt es im Internet-Dienst »HNA-Online« am 9. Juni. Eva Scharf bekommt eine Eintrittskarte für eines der fünf Weltmeisterschaftsspiele, die im Frankfurter Fußball-Stadion stattfinden. 300 Eintrittskarten hat die Landesregierung erworben, 180 sind für Ehrenamtliche wie Eva Scharf, 40 sind über die Ausländerbeiräte in Hessen an Angehörige der Nationalitäten vergeben worden, die gegeneinander antreten. Die meisten seien durch ihr Engagement für die Integration ihrer Landsleute aufgefallen, schreibt HNA-Online. Die übrigen 80 WM-Karten gingen an Leute mit schweren Schicksalsschlägen, nach Erläuterungen von Regierungssprecher Dirk Metz unter anderem an Menschen, „die das laufende Jahr krankheitsbedingt voraussichtlich nicht überleben werden“.

 

Überwiegend Zuwanderer auf Förderschulen

Kreis Esslingen – In Förderschulen gibt es einen durchschnittlichen Ausländer- bzw. Zuwandereranteil unter den Schülern von 60 Prozent. In der Klasse 8 der Lindenschule Ostfildern kommen sämtliche Schüler aus Aussiedler-, Asylbewerber- oder Ausländerfamilien, berichtet der »Teckbote« am 10. Juni. Für diese Kinder wird es einmal schwer sein, einen Ausbildungsplatz und damit die Chance auf einen auskömmlichen Beruf zu erreichen. Ob überhaupt eine Förderschule infrage kommt, entscheidet in Baden-Württemberg üblicherweise die Grundschule, in der die Kinder eingeschult werden. Die Eltern beziehe man als Experten in den Entscheidungsprozess ein, erläutert dem Teckboten Waltraud Schreiber, die im Schulamt für Frühförderung zuständig ist. Eltern aus anderen Ländern zeigten nicht immer Verständnis für das System Förderschule, berichteten der Zeitung dagegen Lehrer, die an Elternabenden beinahe alleine seien.

 

Hepatitis unter Zuwanderern

Wiesbaden – In Deutschland leiden über eine halbe Million Menschen an chronischer Hepatitis B, berichtet die »Ärzte-Zeitung« am 6. Juni und führt aus, dass die Krankheit besonders häufig bei Aussiedlern und bei Zuwanderern aus der Türkei auftritt. Sie zeigt sich zu fast 60 Prozent bei hier geborenen Deutschen, zu 18 Prozent bei Aussiedlern und zu 22 Prozent bei nicht in Deutschland geborenen Ausländern. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Art der Hepatitis B auftritt, ist mit 3,5 Prozent bei Aussiedlern fünfmal höher als in der Gesamtbevölkerung, so die Ärzte-Zeitung. Außer bei Migranten finde sich die Krankheit besonders häufig bei Homosexuellen und Drogenabhängigen.

 

Aussiedler gegen Pauschalurteil

Dingolfing – Der Artikel aus der Süddeutschen Zeitung hatte hohe Wellen geschlagen unter den Aussiedlern im bayerischen Landkreis Dingolfing/Landau. Landrat Heinrich Trapp war darin mit Aussagen zitiert worden (z.B. „Die Aussiedler lassen sich nicht integrieren“), mit denen sich viele Russlanddeutschen pauschal diffamiert und erneut ausgegrenzt fühlen, schreibt der »Dingolfinger Anzeiger« am 5. Juni. Die Proteste und auch eine Liste mit knapp 270 Unterschriften führten dazu, dass sich der Landrat mit den Aussiedlern an einen Tisch setzte und öffentlich mit ihnen über seine Aussagen diskutierte. Hier distanzierte sich Trapp zwar einerseits von den ihm zugeschriebenen pauschalierenden Urteilen, blieb andererseits aber bei seiner Meinung, dass es bei einem kleineren Teil der Aussiedler durchaus Integrationsprobleme gibt.

 

Weitere Gespräche folgen

Dingolfing – Über dieselbe Debatte berichtet auch die »Landauer Neue Presse« am 6. Juni und erwähnt vor allem, dass die Ausführungen von Landrat Trapp über erhebliche Eingliederungsprobleme bei einem Viertel der Dingolfinger Aussiedler bei der öffentlichen Diskussion überhaupt nicht akzeptiert wurden. Trapps Diskussionspartner, darunter vor allem jugendliche Russlanddeutsche, sahen sich in erster Linie durch den SZ-Beitrag „an den Pranger gestellt“. Am Ende, schreibt die Zeitung, „wurden die teilweise sehr emotionalen und scharfen Töne“ wieder versöhnlicher. Immerhin sei man mal zusammen gekommen. Weitere Gespräche sollen folgen.


Zurück

Nach oben
Artikel bookmarken:
Diese Seite zu Mister Wong hinzufügen My Yahoo