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23. bis 29. Juni

„Was weiß ich schon, wer ich bin“

Lahr – Alles atmet einen bescheidenen, hart erarbeiteten Wohlstand, atmet Rechtschaffenheit, berichtet die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» (FAS) am 29. Juni über eine Gegend in der badischen Kleinstadt Lahr, in der eine große Zahl russlanddeutscher Spätaussiedler wohnt. Nur die jungen Männer wollten nicht so recht ins Bild passen: das Haar zu kurz geschoren, die Sonnenbrillen zu groß, zu dunkel, und dann diese unterschwellig aggressive Wucht, mit der sie auf dem umzäunten Bolzplatz den Fußball gegen die Drahtwände donnern. Fast ein Viertel der Lahrer Bevölkerung seien Deutschstämmige aus der ehemaligen Sowjetunion. Wenn es nur nach Ordnung, Fleiß und Häuslebauen ginge, sei kaum ein Badener so deutsch wie die Russlanddeutschen. Und doch hingen in dieser Woche überall dort, wo Spätaussiedler leben, russische Fahnen, flatterten russische Wimpel an den Autos. „Wir sind Russen“, hört man offenbar gerade von jüngeren Aussiedlern, die noch nicht lange hier sind. Plötzlich habe es mit dem Erfolg der russischen Fußballmannschaft bei der Europameisterschaft eine positive Identifikation gegeben – schafften es die „Scheißrussen“ doch bis ins Halbfinale. Aus einem Stigma wurde ein Statussymbol, so die FAS weiter. Die Jungen, würden die Älteren sagen, hätten die Geschichte vergessen. Gemeint sei, sie hätten vergessen, welches Schicksal sie unter Stalin und auch später zu erleiden gehabt hätten.


Wodka-Absatz rapide gestiegen

Altes Lager – Seine heimatlichen Wurzeln kann man nicht vergessen, schreibt die «Märkische Allgemeine» am 26. Juni. Jahrelang lebten viele Spätaussiedler aus dem Gebiet der einstigen Sowjetunion schon in Altes Lager. Doch während der Fußball-Europameisterschaft würden sie mehrheitlich den Kickern aus Russland die Daumen drücken. Autos, die sie wie viele einheimische Nachbarn beflaggen könnten, besitzen nur Wenige. Die Spiele schauten sie sich meist im Kreis von Freunden oder Nachbarn an. Das ‚Truckstopp‘, ein Imbiss an der B 102 in dem südbrandenburgischen Ort Altes Lager, habe vor zwei Wochen dichtgemacht. Es war Treffpunkt vor allem jugendlicher Spätaussiedler, die dort gern mal auf den großen Flachbildfernseher geschaut hätten. Erfreut hätte sich allerdings Sergej Bezugslov, Geschäftsführer eines Ladens gezeigt, in dem hauptsächlich original russische Produkte im Angebot sind:  „Während der Fußball-EM ist der Wodka- und Krimsekt-Absatz rapide angestiegen“, zitiert ihn die Zeitung.


Mit Fußball gegen Sprachlosigkeit

Potsdam – Mit der Einweihung einer Dusche haben die Jugendsozialarbeiter vom ‚Wildwuchs‘-Streetwork ihr neues Hauptquartier in der Posthofstraße fertig eingerichtet. In der Dusche können sich junge Leute, die auf der Straße oder in Abrisshäusern leben, einmal richtig waschen, heißt es in den «Potsdamer Neuesten Nachrichten» am 26. Juni. Mit dem Umzug habe sich auch das stark veränderte Team neu aufgestellt. Einer der besonderen Mitarbeiter bei ‚Wildwuchs‘ sei Waldemar Jungbluth. Der in Russland Geborene ist nach eigenen Worten in Potsdam inzwischen einer der wichtigen Ansprechpartner junger Russlanddeutscher. In der Vergangenheit sei gerade diese Gruppe junger Menschen durch häufigen Drogenkonsum aufgefallen. Zudem würden viele von ihnen kaum die deutsche Sprache beherrschen. Mit seinen Projekten wolle er nun gegenwirken, sei es freitags beim Floßbau oder samstags beim Fußball im Lustgarten.


Mit Eingliederungszuschuss eine Chance erhalten

Tittmoning – „Wichtig ist, dass bei guter Konjunktur möglichst viele Menschen in den Arbeitsmarkt integriert werden“, erläutert Franz Prast von der Regionaldirektion Bayern der Agentur für Arbeit im «Trostberger Tagblatt/Traunreuter Anzeiger» am 27. Juni. Mit 4,7 Prozent habe Bayern eine sehr niedrige Arbeitslosenquote. Doch für Migranten sehe es mit 11,5 Prozent deutlich schlechter aus. Als Gründe führt Prast eine in der Regel schlechtere Schulbildung, sprachliche Defizite und kulturelle Unterschiede an. „Im Interesse der Betriebe, der Wirtschaft und natürlich der Menschen selbst müssen wir uns dieses Themas annehmen.“

Als gutes Beispiel für eine nach vielen Jahren gelungene Integration in den Arbeitsmarkt bezeichnet er Sergej Bossler. Der 44-jährige Spätaussiedler aus Kasachstan, der kaum deutsch spreche, lebe seit sieben Jahren in Deutschland. Nach mehrjähriger Arbeitslosigkeit habe er fast die Hoffnung aufgegeben, eine Anstellung zu finden. Doch dann habe ihm ein Bauunternehmer eine Chance gegeben. Das sei jetzt elf Monate her. Mittlerweile habe der Arbeitgeber volles Vertrauen zu ihm, „und das mit der Sprache wird auch besser“. Ein anfänglich geringerer Lohn, bedingt durch die lange Arbeitslosigkeit und die fehlenden Sprachkenntnisse, wurde mit einem Eingliederungszuschuss der Arbeitsgemeinschaft Integration Traunstein ausgeglichen, schreibt die Zeitung.


Einsatz

Amberg – „Der Mensch, der zu uns kommt, hat ein Schicksal, er hat Misserfolge erzielt hier im Land“, sagt Peter Blendowski. Der Geschäftsführer des ‚ISE Sprach- und Berufsbildungszentrum‘ in Amberg hat in denen vergangenen 20 Jahren 6.500 Migranten aus der ganzen Welt geschult, berichtet die «Amberger Zeitung» am 27. Juni. Er kämpfe für jeden Schüler, so Blendowski, damit dieser nach einem Kurs Arbeit oder eine Lehrstelle bekommt. „Die Aussiedler haben auch zwei Hände und wollen arbeiten. Sie sind genauso wertvoll für die Gesellschaft.“


Aus Ärger ins Ohr gebissen

Frankfurt am Main – Weil er in einem Streit über Lärm einem Jugendlichen große Teile des Ohrs abgebissen hat, ist ein Hausmeister zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden, berichtet der «Wiesbadener Kurier» am 23. Juni. Das Landgericht Frankfurt beurteile die Tat als schwere Körperverletzung. Das 16 Jahre alte Opfer sei „dauerhaft entstellt“. Der Verurteilte, ein 43 Jahre alter Mann, wohnt in unmittelbarer Nachbarschaft eines Jugendklubs, in dem vorwiegend russlanddeutsche Jugendliche verkehren, heißt es in der Zeitung. Zum Rauchen müssten die jungen Leute stets auf die Straße gehen. Nachdem sie draußen aus ihren Mobiltelefonen laut Musik gehört hätten, kam es zum Streit mit den Nachbarn und zu einer Schlägerei, bei der der Angeklagte den 16-Jährigen verletzte.


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