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19. bis 25. Juni

Magere Bilanz

Rüsselsheim -  Vier Lehrstätten bieten in der hessischen Stadt Rüsselsheim Integrationskurse mit 600 Stunden Deutschunterricht und 30 Stunden Orientierung an, wie sie seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes für Ausländer und Aussiedler vorgesehen sind. Die größte davon ist die Volkshochschule (VHS) mit derzeit 140 Teilnehmern zwischen 18 und 60 Jahren. Nur in Einzelfällen, heißt es im «Darmstädter Echo« am 22. Juni, hat die VHS das begehrte Zertifikat für eine erfolgreiche Teilnahme am Integrationskurs vergeben. Die meisten Teilnehmer würden vorher aufgeben, berichtet VHS-Mitarbeiterin Kerstin Immel und klagt über die Zusammensetzung der Kurse. Da säßen mitunter nalphabeten, für die 600 Deutschstunden längst nicht ausreichten, neben Teilnehmern mit bereits akzeptablen Deutschkenntnissen. Außerdem seien die staatlichen Zuschüsse für die Kurse viel zu gering. Zu schaffen mache den Kursanbietern auch eine überbordende Bürokratie in der Zusammenarbeit mit den zuständigen Ämtern. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge will bundesweit die Mittel ab 2007 kürzen, weil der erhoffte Zulauf ausbleibe und bisher nur etwa die Hälfte der Anspruchsberechtigten an den Kursen teilnehme, berichtet die Zeitung.


Aussiedler helfen Atomopfern

Wolfsburg – Auch 20 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl ist die Hilfe für Strahlenopfer nach wie vor unverzichtbar, schreibt die «Braunschweiger Zeitung« am 19. Juni und berichtet über eine Initiative aus dem niedersächsischen Wolfsburg. Hier haben auch dieses Jahr wieder Gastfamilien 15 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren mit ihren Müttern für einen vierwöchigen Erholungsaufenthalt zu sich nach Hause eingeladen. Die Gäste kommen aus der radioaktiv belasteten weißrussischen Region Gomel. Die von der Evangelischen Kirche getragene Aktion wird nicht nur von den Gasteltern, sondern von Organisatoren einzelner Programmpunkte des Besuchs sowie von Förderern unterstützt. Auch Aussiedler, denen die sprachliche Verständigung mit den Erholungssuchenden leichter als den einheimischen Wolfsburgern falle, würden sich beteiligen.


Tjumen: Deutsches Festival

Wuppertal – Zunächst war das Interesse an dem ersten deutschen Festival in der sibirischen Universitätsstadt Tjumen nicht besonders ausgeprägt. Als aber der deutsche Botschafter, mit einer Wirtschaftsdelegation zur gleichen Zeit in der Gas-, Öl- und Industriestadt unterwegs, offiziell sein Kommen ankündigte, „avancierten die Gäste schlagartig zu gefragten exotischen Stars“, berichtet die «Westdeutsche Zeitung« am 23. Juni. Zu den insgesamt sechs deutschen Gästen gehörten auch die beiden Wuppertaler Künstler Marcia Golgowsky und David J. Becher, die bei dem zehntägigen Festival mit dem Motto „Jetzt geht’s um die Wurst“ mitmischten. Vorgetragen wurden Texte und Lieder rund um die Wurst, und begonnen wurden jedes Konzert mit Herbert Grönemeyers Titel „Currywurst“. In Sibirien bestehe deutsche Kultur vor allem aus dem, was Russlanddeutsche pflegen, berichteten die Wuppertaler der Zeitung. Das sei Grund genug gewesen, das „Image der Deutschen zu erweitern“ und eine Palette von Chansons über Schlager zu aktuellem Pop zu präsentieren.


„Uns wird geholfen“

Mühlacker – Gerade noch 35 Spätaussiedler leben derzeit im Übergangswohnheim in Mühlacker. Bis vor kurzem noch beherbergte das 1990 in Betrieb genommene Haus bis zu hundert Personen. Auch hier im baden-württembergischen Enzkreis nimmt der Zuzug also ab, wie Andreas Kraus vom zuständigen Ordnungsamt der «Pforzheimer Zeitung« vom 22. Juni schildert. Die Bewohner bleiben höchstens ein Jahr in dem Heim. Dann beziehen die meisten eine eigene Wohnung, und nach zwei, drei Jahren hat über die Hälfte der Russlanddeutschen eine Arbeit gefunden, berichtet Elena Fritz, die seit fünf Jahren das Haus leitet und aus Usbekistan stammt. Mit fast allen ehemaligen Bewohnern bleibt sie auch in Kontakt, wenn sie schon längst ausgezogen sind. Zu ihnen gehört zum Beispiel Nelli Vintonyak, die aus Sibirien nach Mühlacker kam. Erhält sie Briefe von Behörden oder vom Vermieter, holt sie sich Rat bei Elena Fritz. „Wir fühlen uns wohl hier, uns wird geholfen.“


Anpassungsprobleme überwinden

Hofgeismar – An den Wänden des Hausaufgaben-Raums im Kindertreff von Hofgeismar hängen Urkunden für die Anerkennung „der herausragenden Leistung“, berichtet die «HNA – Hessen/Niedersächsische Allgemeine« am 22. Juni. Ohne stetige Unterstützung der Erzieher, die den Schulkindern viermal wöchentlich helfen, würde es diese Urkunden nicht geben. Denn fast alle der 15 bis 20 Jungen und Mädchen, die meist täglich zum Kindertreff kommen, stammen aus Zuwandererfamilien. Sie haben nicht nur Sprachprobleme, sondern oft auch soziale Anpassungsschwierigkeiten im nordhessischen Hofgeismar. Im Flur hängt eine Liste von Schimpfwörtern, die nicht verwendet werden dürfen. „Ohne den Kindertreff wären schulische Situation und Leistungen der Kinder noch schlechter“, erläutert die Sozialpädagogin Miriam Walliser. Getragen wird der Kindertreff von der Stadt Hofgeismar und dem Diakonischen Werk. Die Finanzierung ist bis Ende 2007 gesichert. „Nötig ist sie noch länger“, kommentiert das Blatt die Situation.


Mama lernt deutsch

Pfaffenhofen – Fast wie in einer normalen Schule geht es zu im Deutschunterricht von Elke Kahlenborn. Doch im Untergeschoss einer Berufsschule im bayerischen Pfaffenhofen sitzen keine Schulkinder vor der Germanistin, sondern die Mütter von Schulkindern. Sie nehmen an dem freiwilligen Sprachlern-Projekt „Mama lernt Deutsch“ teil, das in rund 50 bayerischen Landkreisen, aber auch in anderen Gegenden Deutschlands angeboten wird. Der zum Teil vom Sozialfonds der Europäischen Union finanzierte Deutschunterricht will ausländischen oder ausgesiedelten Mütter in 160 Unterrichtsstunden dazu verhelfen, aus ihrer Sprachlosigkeit heraus zu finden und sich in die Welt zu integrieren, in der ihre Kinder groß werden, schreibt die «Tageszeitung« (taz) am 21. Juni. „Es gibt auch Eltern mit deutschem Pass, die schlecht deutsch sprechen – und wir haben fünf Prozent Russlanddeutsche hier, die bislang sehr abgekapselt in ihrer eigenen Kultur und Sprache leben“, erläuterte die bayerische CSU-Landtagsabgeordnete Erika Görlitz das Programm „Mama lernt deutsch“. Irgendwann habe sie entsetzt festgestellt, das die Quote der jungen Leute ohne Schulabschluss bei diesen familiären Verhältnissen deutlich erhöht sei, „dabei sind das sicher keine dümmeren Schüler“.


Zu guter Letzt: Diskussionskultur einmal anders

Landau/Dingolfing – Das Vertrauen der christsozialen Jungen Union von Dingolfing in ihren Kreisvorsitzenden ist unerschütterlich. Bernhard Kuttenhofer hatte mit ein paar gefälschten Zitaten in einer Pressemeldung seiner Jugendorganisation Pluspunkte vor allem bei den ortansässigen Aussiedlern sammeln wollen - und war aufgefallen. Vorläufig letzter Akt der bayerischen Provinzposse: Dem Vorsitzenden wird von seinen Gefolgsleuten das Vertrauen ausgesprochen. Vorausgegangen war eine Auseinandersetzung um Äußerungen von Landrat Heinrich Trapp (SPD) zur angeblichen Weigerung von Aussiedlern, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Kuttenhofer nutzte die Gunst der Stunde und fabrizierte ein paar Empörungsäußerungen gegenüber Trapp, die in einer Sitzung seiner Organisation gefallen sein sollen. Die Sitzung hatte allerdings nie stattgefunden. Das musste der Jungpolitiker später auch einräumen. Seinem Ruf hat das offenbar nicht geschadet, auch wenn künftig ein anderer die Pressemeldungen der Dingolfinger Jungen Union verfassen wird. Der Wortgewalt des Kreisvorsitzenden tat das ebenfalls keinen Abbruch. Die «Passauer Neue Presse« zitiert Kuttenhofer am 20. Juni: „Wir haben in der Jungen Union eine tragfähige Diskussionskultur.“


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