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18. bis 24. Dezember

Milieuwechsel

Berlin – In Deutschland herrscht nach Ansicht des Aussiedlerbeauftragten Christoph Bergner ein erschreckender Mangel an nationaler Verantwortung für russlanddeutsche Spätaussiedler, also „von den Geschehnissen des Zweiten Weltkriegs betroffenen Deutschen“. Vor allem den jungen Zuwanderern aus Osteuropa werde eine hohe kriminelle Energie unterstellt, was fahrlässig und falsch sei, berichtet die «Welt» am 21. Dezember. „Was mich tief bewegt, ist diese Dämonisierung der Spätaussiedler und Russlanddeutschen“, sagte Bergner der Zeitung. Aufgeschreckt von Berichten über angeblich kriminelle Brennpunkte in Gegenden mit hohem Aussiedleranteil habe er die Landesinnenminister um ein Lagebild gebeten. Aus den Antworten lasse sich generell keine erhöhte Kriminalität aufzeigen, allerdings sei von ansteigenden Rohheitsdelikten die Rede gewesen. Auch erhebliche Sprachdefizite seien angesprochen worden. Dass gerade jugendliche Aussiedler häufiger Probleme bereiteten, wundere ihn nicht, erläuterte Bergner: „Sie vollziehen einen dramatischen Milieuwechsel in einem Alter, in dem wir unseren Kindern nicht einmal einen Schulwechsel zumuten würden.“ Diese Integrationsprobleme würden sich aber „auswachsen“.


Wohlfühlen

Berlin – Der 15-jährige Roman kommt gerne in das „Kompetenztraining“ von Frauke Hartmann, das immer mittwochs für die jugendlichen Aussiedler in Berlin-Marzahn stattfindet. Hier soll er, der vor zwei Monaten aus der Ukraine kam, möglichst schnell Deutsch lernen. In der Doppelstunde, über die «InfoRadio» von Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) am 21. Dezember berichtet, klebt Roman mit sechs anderen Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren aus ausgeschnittenen Stadtbezirken ein Berlin-Poster zusammen. Die 67-jährige Frauke Hartmann kann sich in die Situation der Schüler gut hineinversetzen. Sie selbst hat 20 Jahre lang in Moskau gelebt und sich dort sehr wohl gefühlt, nachdem sie Russisch gelernt hatte. „Ich möchte gerne, dass die Kinder, die jetzt hierher kommen, sich genauso wohl hier in Berlin, in Deutschland fühlen, wie ich mich in Moskau gefühlt haben“, sagte sie in der Sendung mit dem Titel „Ehrensache“.


Förderkurse für junge Aussiedler

Wiesbaden – In der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden findet neuerdings ein Förderprogramm für junge Spätaussiedler statt, das der Internationale Bund im Auftrag des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge durchführt. In fünfwöchigen Kursen sollen den jungen Russlanddeutschen nicht nur bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt vermittelt, sondern auch verbreitete Identitätsprobleme angesprochen werden, berichtet das «Wiesbadener Tagblatt» am 19. Dezember.


„Friedliches Nebeneinander allein reicht nicht“

Hamburg – Die Hamburger Landesregierung hat ein neues Integrationskonzept beschlossen. Es soll gewährleisten, dass Zuwanderer gleichberechtigt am wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Leben beteiligt werden, schreibt die «Welt» am 20. Dezember. Nach den Worten der Hamburger Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram ist die Integration von Zuwanderern die wichtigste gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit: „Das friedliche Nebeneinander von Einheimischen und Zuwanderern allein reicht nicht.“ Besondere Anstrengungen würden in der Sprachförderung unternommen. Kindern, die nicht ausreichend Deutsch sprächen, erhielten kostenlose, verpflichtende Sprachkurse. „Wir wollen gleiche Startchancen für alle“, sagte die Senatorin. Derzeit stammt jeder vierte Hamburger aus einer Zuwandererfamilie; bei den unter Sechsjährigen liegt der Anteil bei fast 50 Prozent. Für das neue Integrationskonzept sind keine Kosten eingeplant, die über den bisherigen Etat von 50 Millionen Euro hinausgingen, erläuterte die Politikerin.


Deutschkurs für die Dolmetscherin

Hamburg – Kaum war Inna Bullert aus der Ukraine nach Deutschland ausgesiedelt, fühlte sie sich fast wie in die Kindheit zurückversetzt: Sie drückte die Schulbank und lernte sechs Monate lang Deutsch im Kurs für Spätaussiedler. Es waren die langweiligsten Monate ihres Lebens, berichtet die «Zeit» am 20. Dezember. Denn Inna Bullert sprach schon sehr gut deutsch, hatte sie doch in der Ukraine als Deutschlehrerin und Dolmetscherin gearbeitet, war regelmäßig sogar nach Deutschland gereist, um sich fortzubilden. Weil die Eingliederungsgelder aber gekürzt werden, wenn Aussiedler nicht am Sprachkurs teilnehmen, setzte sie sich in den Unterricht und las dort Stellenanzeigen in der Zeitung. Ohne Anerkennung ihres Hochschuldiploms jobbte sie dann als Lageraushilfe in einem Versandhaus – fast ausschließlich neben russlanddeutschen Kolleginnen. Umgangssprache war russisch. Nach zwei Jahren, schreibt die Wochenzeitung, wurde sie arbeitslos und fühlte sich „eigentlich dequalifiziert“. Nun wird Inna Bullert an der Universität Oldenburg noch einmal studieren, im Studiengang „Interkulturelle Bildung und Beratung“. Es ist ein Studium für Zuwanderer, deren Hochschulausbildung in Deutschland nicht anerkannt wird. Voraussetzung: Besuch eines Deutschkurses.


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