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16. bis 22. Januar

Anwalt für Aussiedler

Neumarkt – Unter Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion ist Uwe Schrön bekannt wie ein bunter Hund. Rund acht von zehn Klienten des 45-jährigen Rechtsanwalts in der bayerischen Stadt Neumarkt sprechen russisch und lassen sich von Schrön in ihrer Muttersprache juristisch beraten, berichtet die «Mittelbayerische» am 18. Januar. Ursprünglich hatte der geborene Thüringer Philosoph werden wollen, ging 1979 für fünf Jahre nach Rostow am Don und kam mit einem Fachdiplom zurück in die DDR. Nach der Wende ließ sich Uwe Schrön in Bayern nieder und begann im Alter von 36 Jahre in Regensburg ein Rechtsstudium. Seit gut einem Jahr ist er selbständiger Anwalt, und die russischsprachigen Mandanten rennen ihm fast die Tür ein. „Es ist ja nicht nur die Sprache, die uns Deutsche von den Menschen aus Russland unterscheidet“, sagt Schrön. Auch die Denkweise ist anders. Er müsse den Leuten klarmachen, dass auch mündliche Verträge bindend seien und dass es im deutschen Recht keine Rolle spielt, obein Bekannter mit entsprechender Funktion ein gutes Wort für einen einlegt.


Zwischen Frust und Kampfgeist

Boizenburg – Sprachprobleme, Arbeitslosigkeit und gesellschaftliche Ausgrenzung durch Einheimische – auf solche Barrieren stoßen Spätaussiedler auch in der mecklenburgischen Elbestadt Boizenburg. Doch die meisten lassen sich dadurch nicht unterkriegen, berichtet die «Schweriner Volkszeitung» am 19. Januar. Bika Bliefert, die im Rahmen des örtlichen Integrationsprogramms „Pomosch“ die neu zugezogenen Russlanddeutschen berät, kennt die Schwierigkeiten ihrer Schützlinge. Sie weiß aber auch, dass die Aussiedler durchaus bereit sind, ehrgeizig und selbstkritisch ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen. Gelegentlich schwankten die Gefühle zwischen Frust und Kampfgeist. Wegen der häufig nicht anerkannten Berufsabschlüsse finden nur etwa ein Prozent der Spätaussiedler Arbeitsstellen im erlernten Beruf, berichtet der Russlanddeutsche Dennis Meier der Zeitung. Eigentlich sei dies nur bei Lastwagenfahrern der Fall. Die ehemalige Heimat wird dennoch kaum vermisst. Was fehlt, ist allenfalls ein „richtiger Winter“, wie sie ihn noch von früher kennen.


Kein Anspruch auf deutschen Pass

Bautzen – Weil er in seinem sowjetischen Pass als Nationalität „Russe“ eingetragen hatte, ist ein in Russland geborener Deutschstämmiger nicht als Spätaussiedler anerkannt worden. Wie die «Sächsische Zeitung» am 17. Januar meldet, kann der 55-Jährige, der 2001 mit seiner Familie nach Deutschland kam, das rechtsgültige Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgericht nicht mehr anfechten. Das Gericht gab als Begründung an, dass die Passeintragung „Russe“ offenbar weder durch Drohungen noch durch Zwang zustande kam. Der Betroffene hatte angegeben, sich wegen seines Studiums nicht als Deutscher bekannt zu haben, obwohl er einer deutschstämmigen Familie entstamme, in der das deutsche Volkstum gepflegt und die deutsche Sprache vermittelt worden sei.


Tiefes Loch

Oranienburg – Wenn sie beruflich nicht mehr Fuß fassen können, fallen manche älteren Aussiedler „in ein tiefes Loch“, berichtet Marianne Howe, die seit 15 Jahren im brandenburgischen Landkreis Oberhavel Russlanddeutsche berät, der «Märkischen Allgemeinen» am 17. Januar. Kinder hätten wohl bessere Chancen auf eine erfolgreiche Integration. Unter den anderen, so die 54-jährige Migrationsberaterin, „finden ganz, ganz wenige einen Job“. So trifft sie in ihrer Beratungsstelle immer wieder ratlose Ingenieure, die trotz guter Ausbildung arbeitslos bleiben, verzweifelte Frauen, deren Familien zu zerbrechen drohen und alte Menschen, die sich zurück in die ehemalige Heimat wünschen. Marianne Howe versucht zu helfen, wo sie kann. Drei Jahre lang dürfen Spätaussiedler nach ihrer Ankunft in diesem Landkreis bei Berlin die Integrationshilfe in Anspruch nehmen.


Klischees und Neid

Kronach – Ein Jahr alt ist der Arbeitskreis im bayerischen Landkreis Lichtenfels, in dem Vertreter von Schulen, Ortsverwaltungen und Jobcenter gemeinsam überlegen, wie russlanddeutsche Migranten gefördert werden können, berichtet der «Fränkische Tag» am 20. Januar. Immer wieder komme  zur Sprache, dass die Zuwanderer auf den Neid von Einheimischen stoßen, weil sie angeblich zu großzügig unterstützt werden. Das seien Klischees. Die Aussiedler kämen mit nur wenigen Habseligkeiten in Deutschland an. In den Integrationskursen, die in Lichtenfels angeboten werden, arbeiten die meisten Russlanddeutschen engagiert mit, erzählt Birgitta Hornung aus ihrer über zehnjährigen Erfahrung mit Deutschkursen für Aussiedler. Gerade mit ihnen hat sie „grundsätzlich gute Erfahrungen“ gemacht. Nur in ganz seltenen Fällen trifft sie auf Zuwanderer, die das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit noch nicht ganz verinnerlicht haben und sich lange zwischen zwei Welten hin- und hergerissen fühlten.


Letzte Chance vertan

Bad Mergentheim – Eine letzte Chance hatte das Amtsgericht Bad Mergentheim dem 29-jährigen Russlanddeutschen aus Kasachstan eingeräumt. Immer wieder war der Mann, wie die «Fränkischen Nachrichten» am 19. Januar berichten, mit dem Gesetz in Konflikt geraten und in den vergangenen zehn Jahren wegen Diebstahls, Körperverletzung, Drogenvergehen sowie schweren Raubs verurteilt worden – wiederholt zu Bewährungsstrafen. Die Richter wollten dem, wie die Zeitung schreibt, intelligenten Mann, der eine Maurerlehre abgeschlossen, die Mittlere Reife auf der Abendschule nachgeholt und gute Computerkenntnisse hat, das Gefängnis ersparen. Diesmal aber ist er dran: Weil er auf mehreren Internet-Seiten, die er auf den Namen eines ahnungslosen Unbeteiligten einrichtete, verbotene K.O.-Tropfen anbot, über die er zudem gar nicht verfügte, und für dieses Angebot im Internet mit pornografischen Kinderfotos warb, sitzt er nun erneut vor Gericht. „Da setzt man Hoffnung in Sie“, bemerkte die Richterin, „und Ihnen ist alles scheißegal.“


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