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10. bis 16. August 2009
“Heute würde ich weniger Scheiße bauen”

Ahrensburg – “Von großen Hoffnungen und großen Enttäuschungen” berichtet das »Hamburger Abendblatt« am 11. August. Es geht um jugendliche Aussiedler in Ahrensburg, die seit den 1990er Jahren in die Schlossstadt kamen und zunächst „einen ganzen Stadtteil in Verruf (brachten)“. Heute seien die meisten von ihnen etabliert. Doch damals habe das anders ausgesehen. Ohne Ahnung von dem, was sie in Deutschland erwartete, ohne Deutschkenntnisse, ohne Anerkennung und ohne Halt hätten viele ihren Frust mit Alkohol und Drogen betäubt, wie Sozialarbeiter sich erinnern. Sascha zum Beispiel war 14 Jahre alt, als er im Ahrensburger Stadtteil Gartenholz ankam.

Innerhalb kürzester Zeit sei er beinahe in die ganz harte Drogenszene abgerutscht. „Hardcore-Kiffer“ wie er seien jeden Tag zugedröhnt gewesen. „Die Sozialisation der ersten Aussiedler war eine ganz besonders schwierige Angelegenheit“, berichtet Sozialpädagoge Andreas Bischoff. Die jungen Russlanddeutschen „brachten ein großes Misstrauen gegen den Staat mit. Die Polizei in Russland war korrupt, in der Schule mussten sie nur gehorchen“.

Mittlerweile hätten fast alle dieser damals schwierigen Kinder und Jugendlichen einen Arbeitsplatz, heißt es in der Zeitung. Doch nur wenige hätten mehr als einen Hauptschulabschluss in der Tasche, „ungeachtet ihres Potentials“. Auch Sascha, mittlerweile 26 Jahre alt, sagt: „Heute würde ich länger zur Schule gehen und vielleicht sogar studieren“, so wie jetzt „die Kleinen“, die später gekommen seien. „Und ich würde weniger Scheiße bauen.“


Aus Ivan wurde Johann

Ahrensburg – In Omsk trug er noch den Vornamen Ivan, in Deutschland wurde daraus Johann. „Meine Mutter meinte, ich würde es damit sicherlich leichter haben“, sagt der heute 26 Jahre alte Russlanddeutsche Johann Bely dem »Hamburger Abendblatt« am 11. August. Kurz nach der Ankunft in Ahrensburg vor 15 Jahren sei er in die Hauptschule gekommen. Deutsch habe er damals noch nicht gesprochen, und die Schulnoten waren deshalb „katastrophal“. Einheimische Freunde hatte er kaum, erzählt er weiter, und die Sehnsucht nach Omsk war groß in den ersten beiden Jahren.

Doch er habe nicht aufgegeben. Nach dem Hauptschulabschluss folgte die Mittlere Reife und eine Lehre als Energieelektroniker. Nach dem Dienst in der Bundeswehr („das war eine lustige Zeit“) habe er die anschließende Arbeitslosigkeit genutzt, das Fachabitur zu machen. Nun warte er auf einen Studienplatz im Fach Elektrotechnik. Wie fühle er sich inzwischen, will die Zeitung wissen, als Deutscher oder als Russe? Johann Bely weiß es nicht genau, doch „würde beim Fußball Deutschland gegen Russland spielen – ich wäre für Russland“.


Gärtnern wie früher zuhause

Kyritz – Der Kyritzer Förderverein Lokale Agenda 21 sucht Spätaussiedler und andere Migranten, die sich als Hobbygärtner betätigen wollen, berichtet die »Märkische Allgemeine« am 11. August. Die Zuwanderer sollen im Projekt ‚Gärten der Kulturen – Gärten der Begegnung‘ mitmachen und ein Stück Land so bewirtschaften, wie sie es aus ihrer ehemaligen Heimat kennen. Die Früchte ihrer Arbeit stünden den Hobbygärtnern selbst zur Verfügung, Überschüsse können verkauft werden, heißt es im Verein.


Der Traum vom eigenen Laden

Eberswalde – Marina lebt einem so genannten Russenblock im Brandenburgischen Viertel von Eberswalde, berichtet die »Märkische Oderzeitung« am 11. August. Vor acht Jahren kam sie mit ihrem Ehemann Dima aus Kasachstan nach Deutschland, „aus wirtschaftlichen Gründen“; die Tochter wurde hier geboren. „Als wir nach Übergangslagern in die Plattenbauwohnung in Eberswalde kamen, habe ich gedacht: Welch ein Glück!“, erinnert sich die Spätaussiedlerin. Dennoch sei die erste Zeit sehr schlimm gewesen, vor allem weil sie kein Wort Deutsch gesprochen habe. Darüber habe sie sich derart geschämt, dass sie monatelang kaum die Wohnung verließ. Erst als sie einen Deutschkurs absolviert, „ändert sich Marinas Leben“, so das Blatt. Aus der Lohnbuchhalterin in Kasachstan wird eine „Fachkraft im Betreuungsdienst“ für psychisch Kranke.

Der gelernte Kraftfahrer Dima muss in Deutschland alle Fahrprüfungen noch einmal machen. Mittlerweile arbeitet er als Fleischverkäufer und LKW-Fahrer in einem russischen Laden. Der 30-Jährige träumt von einem eigenen Laden, für den er hart arbeiten und sparen will, wie er der Zeitung sagt. Trotz aller Schwierigkeiten und Hindernisse gefalle es ihm und seiner Familie in Eberswalde. „Wer in Deutschland nichts erreicht, muss etwas falsch machen“, glaubt Ehefrau Marina.


Russlanddeutsche vernetzen sich auf odnoklassniki.ru

Berlin – Facebook ist in Deutschland das soziale Netzwerk mit den meisten Nutzern und hat damit die bisherige Nummer Eins, SchülerVZ, überholt, heißt es bei »Meedia« am 13. August. Google habe 7,4 Millionen Facebook-Besucher ermittelt. Interessant sei auch der Erfolg des russischen Netzwerks odnoklassniki.ru, das im Juli 1,1 Millionen Besucher aus Deutschland verzeichnet habe. „Offenbar vernetzen sich hier viele Russlanddeutschen mit Freunden und ehemaligen Klassenkameraden aus der alten Heimat.“


Heikle Selbstdarstellung eines Bürgermeisters

Ostrhauderfehn – Der freigiebige Umgang mit privaten Informationen und Überzeugungen im Online-Netzwerk ‚meinVZ‘ hat den Ostrhauderfehner Bürgermeister Günter Harders dieser Tage in eine heikle Lage gebracht. Wie der »Generalanzeiger« am 12. August berichtet, hat Harders unter anderem die russlanddeutsche Minderheit in der Region düpiert. Der Gemeindechef habe sich im Internet als Angehöriger einer ‚meinVZ‘-Gruppe zu erkennen gegeben, die Anstoß daran nahm, dass eine örtliche Diskothek fest in russischer bzw. russlanddeutsche Hand war. Er sei dieser Gruppe „nur beigetreten, um mit ihren Mitgliedern kommunizieren zu können“, äußerte der Bürgermeister in der Zeitung, nachdem seine Internet-Einträge öffentlich gemacht worden waren. Mittlerweile, so das Blatt, habe Harders sein Profil aus ‚meinVZ‘ gelöscht.


„Kein absoluter Einzelfall“

Ascheberg – Seit 1991 leben Maria und Artur Penner im Münsterland; gemeinsam mit ihren Kindern kamen sie damals aus Kyrgyzstan, berichtet die »Ahlener Zeitung« am 13. August. Der 27-jährige Wladimir, ältester Sohn der Beiden, habe vor einer Woche seine langjährige Freundin – „eine waschechte Aschebergerin“ - standesamtlich geheiratet. Am Wochenende darauf wollten sie in der Kirche vor den Traualtar treten, heißt es weiter. Dass Russlanddeutsche und Einheimische heirateten, sei kein absoluter Einzelfall, soll die Gemeindeverwaltung auf Anfrage geäußert haben. Ihre Beziehung sei für manche Außenstehende schon etwas Besonderes gewesen, meint auch die Braut, doch keiner habe „mit Fingern auf uns gezeigt“.  577 Spätaussiedler sind zwischen 1989 und 2007 nach Ascheberg gekommen, rechnete die Stadtverwaltung vor. Die Integration habe „relativ gut geklappt“.
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