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Krankenstation auf Rädern

In Omsk betreut Schwester Ursula Obdachlose
Krankenstation auf Rädern Empfangsbereit: Schwester Ursula in ihrem Caritas-Bus
Foto: Wilhelm Siemers

Omsk (ORNIS) - Der betagte Mercedes-Bus im Gelb der deutschen Post ist ihr Erkennungszeichen. Tag für Tag fährt Caritas-Schwester Ursula Schneider zum Bahnhof von Omsk, um dort Obdachlose medizinisch zu versorgen. Seit zehn Jahren ist die katholische Hilfsorganisation in der westsibirischen Metropole tätig. Ob Kleiderspenden, ein warmer Mittagstisch, die Betreuung schwangerer Frauen oder eben die Versorgung von Obdachlosen, stets ist die Unterstützung der Caritas gefragt. Nicht selten sind ihre Helfer zu Rettungsankern geworden für Menschen, die aus dem sozialen Sicherungssystem Russlands herausgefallen sind.

Seit drei Jahren lebt die 44-jährige Ordensschwester in Westsibirien. In Omsk arbeitet sie gemeinsam  mit russischen Mitarbeitern und weiteren Schwestern aus Deutschland – aus Frauenorden in München und Aachen. „Nach kurzer Zeit war ich Feuer und Flamme für Russland und hätte nie gedacht, dass ich mich in ein Land und seine Menschen so verlieben kann“, sagt Schwester Ursula. Bereits in Aachen war sie in der Obdachlosenarbeit tätig. Die Unterschiede zu ihrer Arbeit in Omsk sind augenfällig: „In Deutschland habe ich in einem Sanatorium für Obdachlose gearbeitet“. In Russland sei das Leben für Menschen auf der Straße unvergleichlich schwerer. In Deutschland zeige sich Armut zumeist versteckt - in Russland ganz offen. „Der Kampf um die Existenz ist viel härter.“

Ein Viertel der russischen Bevölkerung lebt in Armut. Da die Caritas überkonfessionell und in 61 russischen Städten arbeitet, gibt es kaum  Schwierigkeiten mit den örtlichen Behörden. Im Gegenteil. „Unsere Arbeit wird geschätzt, und oft verweisen die Sozialämter in den Stadtbezirken auf unser Haus“, berichtet Schwester Ursula. Sie sehe durchaus, dass der russische Staat seine soziale Verantwortung erkenne und nach seinen Möglichkeiten handele. Selbst in Deutschland sei es längst so, dass kirchliche Hilfsorganisationen sich im staatlichen Auftrag um in Not geratene Menschen kümmern.

Für ihre Arbeit im gelben Mercedes-Bus, der zum Ambulanzwagen umgebaut wurde und eine Standheizung besitzt, hat Schwester Ursula ein Motto: „Wunden heilen“. Und das meint sie gewiss nicht nur im medizinischen Sinne, wenngleich sie bei sibirischen Temperaturen derzeit viele Obdachlose mit Erfrierungen zu behandeln hat. „Wir lachen viel, und langsam kennen die Klienten meinen Humor“, sagt sie schmunzelnd. Inzwischen hat die Deutsche für ihren Bus einen günstigeren Platz am Omsker Bahnhof gefunden – in einem windgeschützten Winkel, wo riesige Fernwärmerohre einen beheizten Ess- und Aufenthaltsplatz schaffen. Selbst die Polizei, die Obdachlose häufig mit der üblichen Kurzform „bomsch“ betitelt, freue sich über die Ruhe und Ordnung.

Eine große Sorge plagt die Ordensschwester indes: Ihre Klinik auf Rädern habe bereits 18 Dienstjahre auf dem Buckel und leide an Altersschwäche. Für ihre Arbeit sei solch ein Fahrzeug aber unentbehrlich. So hofft Ursula Schneider, dass die Anschaffung eines neuen Busses noch rechtzeitig klappt, bevor ihr Postauto seinen Geist aufgibt. Auch das neue Fahrzeug braucht natürlich eine Standheizung – alles andere als Luxus, denn ohne Standheizung ist die medizinische Versorgung der Obdachlosen bei eisigen Temperaturen nicht zu bewältigen. Nur: Diesmal dürfe der Bus auch eine andere Farbe haben. (© ORNIS/ws, 18. Februar 2006)


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