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Improvisationstheater mit russischer Beteiligung

Russlanddeutscher Schauspieler gründete „Teatr 05“
Improvisationstheater mit russischer Beteiligung Motto des diesjährigen Festivals: „Impro ist schön“
Foto: IMPRO 2005

Berlin (ORNIS) - Zum 5. Mal findet in Berlin das Internationale Festival für Improvisationstheater statt. Erstmals mit dabei ist das Ensemble „Teatr 05“ aus St. Petersburg. Gründer und Leiter ist der Schauspieler Eugen Gerain, Absolvent der renommierten Kölner Comedy-Schule. Gerain ist Russlanddeutscher und lebt seit 18 Jahren unweit von Heidelberg. Am Eröffnungsabend des Festivals gab „Teatr 05“ einen Vorgeschmack auf das Können der Truppe, Gerain berichtete von den Schwierigkeiten, die Improtheater heute noch in Russland haben.

Babylonisches Sprachgewirr herrscht bei der diesjährigen IMPRO 2005. Theatergruppen aus mehreren europäischen Ländern, aus den USA, Kanada und Japan nehmen an der weltweit bedeutendsten Zusammenkunft teil. Auch der Pionier des Improvisationstheaters, Randy Dixon aus Seattle, ist nach Berlin gekommen. Doch auf keine Gruppe waren die Veranstalter so gespannt wie die junge Formation „Teatr 05“ aus St. Petersburg, die sich erst vor wenigen Monaten gegründet hat und zum ersten Mal im Ausland auftritt.

Die Schauspielerin Julia Savina und ihre beiden Kollegen Andrej Sidelnikow und Sergej Sobolew vom Petersburger „Teatr na Liteynom“  haben sich im Spätsommer vergangenen Jahres gemeinsam mit Dimitri Bratukhin von der Petersburger Jazz-Philharmonie zu „Teatr 05“ zusammengetan. Wie schwierig es heute noch ist, in Russland Improvisationstheater vorzustellen, davon berichtete der Gründer und Leiter der Gruppe, Eugen Gerain, in Berlin. Die Tradition des klassischen Bühnenspiels mit belehrendem Inhalt sei in Russland ungebrochen, daher stehe die Kritik häufig skeptisch bis ablehnend dem improvisierenden Spiel auf der Bühne gegenüber. Ganz anders das Publikum, das „Teatr 05“ bei seinen ersten Vorstellungen begeistert gefeiert habe.

Einen Unterschied zu den Auftritten westlicher Impro-Ensembles hat Gerain ebenfalls ausgemacht. Die Geschichten der russischen Künstler haben selten einen glücklichen Ausgang: „Und wenn es ein happy end gibt, dann ist das immer mit einem bitteren Nachgeschmack – also eigentlich wie im Leben.“ Eugen Gerain kennt beide Seiten. Als Sohn russlanddeutscher Eltern wurde er 1973 im kasachischen Dschambul geboren. Bald verließ die Familie die Stadt und lebte eine Zeitlang in Sibirien und später in Moldawien. Hier entdeckte Gerain seinen Hang zum Theater, erhielt Schauspielunterricht und trat auf Schul- und Studentenbühnen auf. Seine Berufung hatte er gefunden, als sich ihm die Welt des Kabaretts, des Straßen- und Improvisationstheaters öffnete.

Als Aussiedler kam die Familie 1986 nach Deutschland, Eugen studierte Germanistik in Heidelberg und gründete vor sechs Jahren in Darmstadt die Improvisationsgruppe „Theaterdelikt“. Der Schauspieler leitet seither auch Seminare für angehende Bühnenpraktiker. Nach St. Petersburg zu fahren und dort junge Schauspieler fürs Improvisationstheater zu begeistern, erfüllte für Gerain noch einen weiteren Zweck. Er wollte versuchen, russische Schüler mit dem Theaterspiel auch für die deutsche Sprache zu gewinnen.

So wird „Teatr 05“ nach dem Festival IMPRO 2005 auch an einem Seminar für Sozialarbeiter teilnehmen, die in zahlreichen Projekten mit russischsprachigen Zuwanderern in Berlin arbeiten. Dabei soll es um Techniken und Methoden des Improvisationstheaters gehen, die womöglich in der interkulturellen Kommunikation angewendet werden können. (© ORNIS, 12. März 2005)

 

Improvisationstheater

Stegreifspiel – Improvisation – ist so alt wie das Theater. Ein Szenarium, das den Figuren ihre Rolle zuweist, ist bekannt  - alles Übrige wird improvisiert. Das ist heute nicht anders. Bühnenimprovisation erfordert ein Höchstmaß an schauspielerischer Handwerkskunst. Erst dann kann man das Bühnengeschehen dem Zufall überlassen. Auch zur schauspielerischen Ausbildung gehören seit langem  Improvisationsübungen. Der englische Schauspiellehrer Keith Johnstone gilt als Wegbereiter dieser Tradition, die sich seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu einem eigenständigen Theatergenre entwickelt hat.


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