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Ein deutscher Name macht mehr her

Auf dem Arbeitsmarkt ist die Diskriminierung längst nicht überwunden

Fatih Yildiz muss sich mehr anstrengen als Tobias Hartmann, bei deutschen Firmen eine Anstellung zu bekommen. Besonders schwer wird es für Menschen mit fremd klingenden Namen, wenn sie noch keine Gelegenheit hatten, ihr Können unter Beweis zu stellen.

Berlin, im Februar 2010 - Wer in Deutschland einen fremd klingenden Namen trägt, hat geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als Meier, Müller, Schulze. Das haben Forscher der Universität Konstanz in einem „Feldexperiment“ herausgefunden. Zweimal haben sie je tausend Bewerbungen an Unternehmen geschickt, in denen Wirtschaftsstudenten um eine Praktikumsstelle nachfragten.

Die eine Hälfte der Interessenten trug einen deutschen, die andere einen türkischen Vor- und Zunamen. Das Ergebnis ist jetzt nachzulesen in einer 20-seitigen Studie, die dieser Tage vom „Institut zur Zukunft der Arbeit“ (IZA) in Bonn veröffentlicht wurde. Der Titel: "Ethnische Diskriminierung auf dem deutschen Arbeitsmarkt“.

Bewerber mit türkischem Namen hatten danach eine um 14 Prozent geringere Chance, etwa zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, als die Vergleichsgruppe. Besonders kleinere Unternehmen zeigten sich eher ablehnend. Eine positive Rückmeldung zu erhalten, war hier gar um 24 Prozent weniger wahrscheinlich. Die Vermutung der Konstanzer Wissenschaftler: Großunternehmen bewerten eher nach formalen Kriterien wie Studienfach, Noten und Arbeitserfahrung, bevor sie sich den konkreten Bewerbern zuwenden.

Je mehr aus den beigefügten Unterlagen die Qualifikation der Bewerber hervorging, desto eher stiegen die Chancen. Um 28 Prozent geringer waren die Aussichten von Bewerbern mit türkischen Namen, wenn sie keine Arbeitszeugnisse oder Empfehlungsschreiben einreichten. Dagegen zogen sie nahezu gleich mit der Vergleichsgruppe, sobald sie einen Nachweis für ihre Qualifikation liefern konnten.

Im internationalen Vergleich stehen deutsche Arbeitgeber damit allerdings so schlecht nicht da. In Großbritannien oder Schweden scheint die Benachteiligung von Minderheiten deutlich stärker ausgeprägt. Vergleichbare Studien in den USA ergaben zudem, dass Personen mit europäisch klingenden Namen eine um 50 Prozent höhere Chance auf eine Arbeitsstelle hatten als Personen mit Namen, die auf eine afroamerikanische Herkunft schließen lassen. In den USA werden Bewerbungsschreiben üblicherweise ohne Foto eingereicht.

Auf Frage von ORNIS, ob die Ergebnisse der Studie auch auf russlanddeutsche Aussiedler mit russischen Namen übertragbar seien, meinte Professor Leo Kaas, Wirtschaftstheoretiker an der Universität Konstanz und einer der beiden Autoren der Studie, es sei durchaus möglich, „dass genauso große oder größere Unterschiede bei russischen Namen auftreten“. Allerdings sei auch das Gegenteil denkbar, weil bei türkischen Namen mögliche Vorbehalte gegenüber einer muslimischen Identität hinzukämen.


 
Links zum Thema
- Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit

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