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„Ätch hebb Lächer in mine nije strömp“

Sprachwandel in deutschen Sprachinseln
„Ätch hebb Lächer in mine nije strömp“ Deutschunterricht in Rotfront
Foto: Stephan Münchhoff

Im kirgisischen Rotfront pflegen die Nachkommen deutscher Siedler ihre Dialekte und Traditionen. Doch auch hier ist Russisch auf dem Vormarsch. Wissenschaftler der Europa-Universität Viadrina untersuchen den Sprachwandel in deutschen Sprachinseln.

 

Von Janna Degener

Köln, im Januar 2010 - Das 800-Einwohner-Dorf Rotfront liegt im zentralasiatischen Kyrgyzstan. Neben zahlreichen Bewohnern russischer und kirgisischer Abstammung leben hier auch einige Deutsche. Sie sind Christen mennonitischer Glaubensrichtung.

„Alles, was mit ihrem Glauben zusammenhängt, wird von den Deutschen hier selbstverständlich als deutsche Tradition gewertet“, erzählt Wilhelm Lategahn, der im Auftrag der Zentralstelle für Auslandsschulwesen an der Dorfschule Deutsch unterrichtet. Dazu gehören jahrhundertealte Glaubensgrundsätze wie eine strenge Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern und der Verzicht auf Fernsehen, Alkohol und Zigaretten. Aber auch die deutsche Sprache.

Die Entwicklung deutscher Sprachinseln

Ursprünglich stammen die Mennoniten aus dem Danziger Raum, wohin sie aufgrund von Verfolgungen in den Niederlanden geflüchtet waren. Viele von ihnen sind seit Ende des 18. Jahrhunderts in Richtung Schwarzmeergebiet, danach auch noch weiter östlich abgewandert. 1927 wurde von Deutschen das Dorf Bergtal gegründet, das später in Rotfront umbenannt wurde.

Andere wanderten wiederum nach Nord- und Lateinamerika aus. Diese und noch viele weitere Siedlungsbewegungen haben besonders seit dem 18. und 19. Jahrhundert dazu geführt, dass in vielen Gegenden der Welt deutsche Sprachinseln entstanden sind.

Foto: M. Schäfer

Hier sprechen auch heute noch einzelne Gruppen untereinander deutsch – oder zumindest etwas, das sie als „Deutsch“ bezeichnen. „Wenn die Menschen ihren alten plattdeutschen Dialekt sprechen, verstehe ich absolut gar nicht“, erzählt Lategahn aus Rotfront. „Daneben sprechen die Leute aber auch etwas, das sie als Hochdeutsch bezeichnen und das für mich verständlich ist. In meinen Ohren hat dieses an der 200 Jahre alten Sprache der Preußen orientierte Hochdeutsch jedoch eine sonderbare Grammatik und Lexik. Auch die Aussprache war für mich gewöhnungsbedürftig.“

Für Linguisten, die sich für Sprachwandel interessieren ist das ein spannender Untersuchungsgegenstand. So auch für Dr. Peter Rosenberg von der Europa-Universität Viadrina, der sich gemeinsam mit seinem Team mit der „Regularität und Irregularität in der Kasusmorphologie deutscher Sprachinselvarietäten“ auseinandersetzt.

Er war einer der ersten, die in den Neunzigerjahren in russischen Sprachinseln Aufnahmen und Fragebogenerhebungen durchgeführt haben – Materialien, die für heutige Untersuchungen eine großartige Vergleichsgrundlage bieten. Später kamen Forschungen in Lateinamerika, besonders im Süden Brasiliens, hinzu.

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Der nebenstehende Beitrag erschien zuerst bei www.goethe.de

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Goethe-Instituts