Gedenken verboten - Forschung unerwünscht   
 ORNIS-Dossier zum Fall Michail Suprun   
 
 Michail Suprun  Foto: privat
Michail Suprun  Foto: privat  
Ein Gedenkbuch für verfolgte Russlanddeutsche sollte es werden. Doch dann trat der Geheimdienst auf den Plan. Einen Teil seiner aufwändigen Forschungsarbeit hatte der Historiker Michail Suprun aus Archangelsk bereits geschafft. Konfisziert.
Eine konstruierte Anschuldigung folgte. Das war im September 2009. Noch immer ist keine Anklage erhoben worden. ORNIS hat den Fall verfolgt, mit Historikern über die Hintergründe gesprochen und schließlich auch Michail Suprun selbst getroffen:
 
  Staatsfeindlich: Forschung zu russlanddeutschen Schicksalen    
 Historiker in Archangelsk in Bedrängnis   
Der russische Historiker Michail Suprun ist in Archangelsk kurzfristig verhaftet und verhört worden. Anlass waren offenbar seine Forschungen zum Schicksal von Russlanddeutschen in den 1940er Jahren. Die Beschuldigung lautet: Sammlung und Weitergabe von Archivmaterial. An seinem Geschichtsprojekt ist auch das Deutsche Rote Kreuz beteiligt.
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  „Was sich hier abgespielt hat, ist völlig absurd.“   
 Auch Alexander Dudarjew ist ins Visier der Justiz geraten   
Ein Gedenkbuch wie viele andere sollte es werden. Zur Erinnerung an verfolgte und deportierte Russlanddeutsche und mit Unterstützung aus Deutschland hatte Michail Suprun aus Archangelsk die Publikation vorbereitet. Als der russische Geheimdienst einschritt, kam auch der Leiter des örtlichen Archivs in Bedrängnis.
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  „Zweifel, dass wir die Arbeit beenden können“   
 Anton Bosch zu den Vorwürfen gegen Michail Suprun   
Der russische Geheimdienst FSB hat den Fall des Geschichtsprofessors Michail Suprun an die Petersburger Staatsanwaltschaft abgegeben. Sein Forschungsprojekt zur Geschichte der nach Archangelsk deportierten Russlanddeutschen ist weiterhin massiv gefährdet. Paul Lies sprach für die Deutsch-Russische Zeitung (DRZ) mit dem deutschen Projektberater Dr. Anton Bosch vom Historischen Forschungsverein der Deutschen aus Russland.
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  „Es geht nicht mit rechten Dingen zu“   
 Nikita Sokolow zum Fall des Historikers Michail Suprun   
Was bezwecken die Behörden in Archangelsk mit ihrer Attacke auf Michail Suprun? Der Historiker erforscht das Schicksal von Russlanddeutschen in Zeiten des Terrors. Die Zukunft seiner Arbeit ist jetzt in Frage gestellt, weil die Behörden nahezu alle Forschungsunterlagen konfisziert haben. Suprun arbeitet in dem Projekt mit dem Deutschen Roten Kreuz zusammen. Über den Fall Suprun sprach ORNIS mit dem Moskauer Journalisten Nikita Sokolow.
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  Geschichtsforschung wird immer schwieriger   
 Der Historiker Andrej Blinuschow zum Fall Suprun   
Der Fall Michail Suprun hat nicht nur in Wissenschaftskreisen für enorme Unruhe gesorgt. Der Dozent an der Pomorischen Staatsuniversität von Archangelsk hat Archivmaterial über das Schicksal verfolgter Russlanddeutscher gesammelt und wird dafür nun strafrechtlich verfolgt. Während sich die Staatsanwaltschaft Archangelsk noch in Schweigen hüllt, äußern sich russische Wissenschaftler, Anwälte und Vertreter gesellschaftlicher Organisationen zu den Vorgängen in Archangelsk.
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  Zurück in die Zeit des Grossen Schweigens?   
 Zur Verfolgung von Michail Suprun und Aleksander Dudarjew   
Das Ziel heißt Versöhnung. Hunderte von Gedenkbüchern erinnern in Russland an die Zeit von Repression, Gefangenschaft und Tod. Doch wer heute die Erinnerung an die Opfer jener Jahre des Stalin-Regimes wach ruft, riskiert selbst Verfolgung. Der Fall des Historikers Michail Suprun aus Archangelsk ist ein Beleg. Der in Kyrgyzstan tätige russlanddeutsche Wissenschaftler J. Otto Pohl spricht von neostalinistischer Rückbesinnung.
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  Fadenscheinige Argumente   
 Historiker warnt vor willfähriger Geschichtsforschung   
Wenn unabhängigen Wissenschaftlern die Archivarbeit in Russland immer mehr erschwert wird, dann wird Geschichtsforschung bald nur noch unter staatlicher Aufsicht möglich sein. Der Historiker Boris Sokolow zur Affaire um Michail Suprun, über willfährige Kollegen und warum Historiker nun nicht länger schweigen dürfen.
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  Offener Brief an Präsident Medwedew   
 Beauftragte für Stasi-Unterlagen setzt sich für Michail Suprun ein   
In einem offenen Brief an Präsident Dmitrij Medwedew hat die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, gegen das Vorgehen der russischen Behörden im Fall Michail Suprun protestiert. Offenbar solle verhindert werden, die Erinnerung an die Opfer des Stalinismus wach zu halten.
Der Brief vom 8. Oktober ist der russischen Regierung über die Deutsche Botschaft in Moskau zugeleitet worden. Bislang liegt keine Reaktion des Kreml vor:
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  "Wir halten die Anschuldigungen für unbegründet"   
 Russlanddeutsche Organisationen legen Protest im Fall Suprun ein   
Mehrere Wochen vergingen, bis sich die führenden russlanddeutsche Organisationen zu einer Stellungnahme zum Fall Michail Suprun durchringen konnten. In ihrem Appell fordern sie den sofortigen Stopp der Ermittlungen gegen den Historiker aus Archangelsk und rufen die deutsche Seite auf, "die entstandene Situation im Auge zu behalten".
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  "Gedenkbücher kann man wohl vergessen"   
 Michail Suprun: Beschuldigungen sind politisch motiviert   
Nach wochenlangem verordnetem Schweigen äußert sich Michail Suprun erstmals zur den Vorwürfen gegen ihn. Der Historiker aus Archangelsk rechnet nicht mehr damit, dass die Arbeit an dem geplanten Gedenkbuch fortgesetzt werden kann.
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  Michail Suprun fühlt sich bedroht   
 Historiker erforschte das Schicksal der Russlanddeutschen   
Der Historiker Michail Suprun aus Archangelsk fühlt sich vom russischen Sicherheitsdienst FSB bedroht. Nach einem missglückten Anschlag fürchtet er auch um die Sicherheit seiner Familie. Suprun hatte zum Schicksal russlanddeutscher Deportierter im Norden Russlands geforscht. Sein Projektpartner in Deutschland sorgt sich um den Wissenschaftler.
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  Suprun-Prozess: Fadenscheinige Anklage   
 Beredtes Schweigen der russlanddeutschen Organisationen   
 
 Michail Suprun
Michail Suprun 
In Archangelsk ist das Verfahren gegen den Historiker Michail Suprun eröffnet worden. Der Wissenschaftler arbeitete an einem Erinnerungsbuch für verfolgte Russlanddeutsche zur Stalinzeit und soll dabei gegen Bestimmungen des Datenschutzes verstoßen haben. Vermutet werden allerdings politische Motive. Unterstützung erhält Suprun von Kollegen und Menschenrechtlern aus dem In- und Ausland. Zurückhaltend zeigen sich dagegen russlanddeutsche Organisationen.
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