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Vermittler zwischen Ost und West

Deutscher Pfarrer predigt vor zwei Gemeinden in Moskau
Vermittler zwischen Ost und West Pfarrer Fridtjof Amling
Foto: Stefan Bruder

Moskau (ORNIS) - Pendler zwischen zwei Welten: Ein 39-jähriger Pfarrer aus Norddeutschland betreut die deutsche Siedlung in Moskau. Und daneben ist er in der russlanddeutschen Peter-und-Pauls-Gemeinde tätig. Mit seinem Amt in der russischen Hauptstadt hat der 1993 ordinierte Geistliche eine von insgesamt 130 Pfarrstellen inne, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) im Ausland unterhält.

"Ich bin in erster Linie für die Deutschen aus Deutschland hierher entsandt worden“, sagt Fridtjof Amling und verweist auf die Annehmlichkeiten der deutschen Siedlung in Moskau: Kindergarten, Schule, deutscher Arzt. Abgeschirmt hinter hohem Maschenzaun und bewacht von privaten Sicherheitsleuten gibt es gepflegte Rasenanlagen, adrette Wege und blitzblank geputzte Treppenhäuser.

Seit zwei Jahren lebt Amling mit seiner Familie in Moskau, entsandt von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), um neben seelsorgerischen Aufgaben auch Ethik- und Religionsunterricht an der Deutschen Schule zu erteilen. Im Jugendklub neben der Tiefgarage treffen sich seine Schüler zum Billardspielen und anderen Freizeitvergnügen.

Anders sieht es in der russlanddeutschen Gemeinde Peter-und-Paul im Zentrum aus. Viele der 600 Gemeindemitglieder, vornehmlich ältere Menschen, plagen Geldnot und die Sorge ums tägliche Überleben. Ihre Kirche war in den dreißiger Jahren geschlossen, ihr Pfarrer in einem stalinistischen Lager ermordet worden. Seit dem Ende der Sowjetunion können die Moskauer Protestanten wieder ungestört ihren Glauben, der schon im 16. Jahrhundert unter Zar Iwan dem Schrecklichen Einzug in Russland hielt, ausüben. Derzeit wird ihre Kirche - ein Symbol der Hoffnung - mit beträchtlicher Hilfe der Moskauer Stadtverwaltung in Stand gesetzt.

Eigentlich ist die Peter-und-Pauls-Gemeinde selbständig und hat eine eigenen Pfarrer, sagt Amling. Daher hält er nur gelegentlich auf Anfrage einen Gottesdienst. „Natürlich könnte ich hier nicht die gleiche Predigt halten wie in der Botschaft, beide Gemeinden sind zu unterschiedlich“, meint der Geistliche und fügt hinzu: „Geplant war, dass die beiden Gemeinden zusammenwachsen, aber das ist einfacher gesagt als getan“. Jugendarbeit ist für ihn kein Fremdwort, seit er 1994 in Deutschland ein Jugendhaus zur Integration junger Spätaussiedler aufgebaut hat.

Das Verhältnis zwischen evangelischem und orthodoxem Christentum in Russland bezeichnet Amling trotz aller tief greifenden theologischen Unterschiede als freundschaftlich. Nicht zuletzt deswegen unterhält der Geistliche im Auftrag der EKD auch Kontakte zur Russisch-Orthodoxen Kirche. Dass seine Arbeit als unliebsame Konkurrenz gesehen werden könnte, erfüllt ihn nicht mit Sorge. Die Evangelisch-Lutherische Kirche hat sich stets auf die Arbeit mit Russlanddeutschen konzentriert. Und ironisch fügt er hinzu: „Für die orthodoxe Kirche sind wir ohnehin schon jenseits von Gut und Böse.“


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