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Neuer Anfang für „Neues Leben“

Ein Blatt von wechselhafter Geschichte

Jahrelang dümpelte das Blatt vor sich hin. Das ehemalige Flaggschiff der deutschsprachigen Presse in der Sowjetunion war bedeutungslos geworden, der Name „Neues Leben“ verblasste. Jetzt hat der Herausgeber einen Neuanfang gewagt. Die Moskauer Zeitung wird künftig in der Wolgastadt Uljanowsk gefertigt – von der Redaktion der Wochenzeitung „Rundschau“.

Berlin, 19. August 2007 – Die Zeitung „Neues Leben“ (NL), die im Titel immer noch den Anspruch erhebt, „Zentralzeitung der Russlanddeutschen“ zu sein, gilt als Sprachrohr der Föderalen Nationalen Kulturautonomie (FNKA) – Verleger ist der FNKA-Vorsitzende Viktor F. Baumgärtner. In den vergangenen Jahren, besonders unter Baumgärtners Vorgänger Wladimir Bauer, hatte das Blatt sich eine eher kämpferische Ausrichtung gegeben und für die FNKA einen Alleinvertretungsanspruch unter den russlanddeutschen Organisationen beansprucht.

Heftige Angriffe auf vermeintliche Widersacher in Russland, aber auch auf die Aussiedlerpolitik der Bundesregierung, haben dazu geführt, dass das ehedem renommierte Blatt seinen Ruf einbüßte und nur noch Wenige Notiz von seiner Existenz nahmen. Da erscheint die Übernahme der Redaktionsarbeit durch die Mannschaft der in Uljanowsk erscheinenden „Rundschau“ wie Rettung aus höchster Not. Dass das „Neue Leben“ wieder in journalistisch ruhigeres Fahrwasser geraten ist, beweist bereits die erste Ausgabe nach dem Neubeginn.

„Doch anstatt an gleichem Strang zu ziehen, werfen sich diese zwei Strukturen einander Knüppel zwischen die Beine, obwohl beide im Grunde genommen den Russlanddeutschen dienen wollen.“

Eugen N. Miller,
Auf der Suche nach dem Ausweg

Die „Rundschau“-Prägung zeigt sich vor allem in dem hohen Anteil an deutschsprachigen Artikeln. Deren Chefredakteur Eugen N. Miller hat in der Vergangenheit immer wieder beklagt, dass in Publikationen, aber auch bei Konferenzen und Veranstaltungen der Minderheit die deutsche Sprache immer weniger Beachtung fand.

In der ersten Ausgabe gibt Miller („Auf der Suche nach dem Ausweg“) wohl bereits die künftige Orientierung vor und plädiert für ein Ende der Konfrontation zwischen den entgegengesetzten Strömungen unter den Russlanddeutschen. Noch wartet die im Untertitel gestellte Frage auf eine Antwort: „Was tun, wenn die Oberen nicht wollen und die Unteren nicht können?“

Mit der neuen Aufgabe tritt die NL-Redaktion kein leichtes Erbe an. 1926 als „Deutsche Zentral-Zeitung“ gegründet, galt ihr Interesse anfangs vor allem der russlanddeutschen Bevölkerungsgruppe in der noch jungen Sowjetunion. Als um die Wende zu 1930 immer mehr deutschsprachige Emigranten in die UdSSR kamen, wurde das Blatt - besonders nach 1933 – mehr und mehr zum Organ der politischen Emigration und wechselte häufiger seinen Namen. An ihrem antifaschistischen und prosowjetischen Kurs ließ die Redaktion in all den Jahren keinen Zweifel, dennoch fielen allein im Jahr 1936 40 der 50 Mitarbeiter der Zeitung dem Terror zum Opfer. In den Jahren der stalinistischen Verfolgung wurden sechs Chefredakteure erschossen oder endeten im GULag. Darüber hat Oleg Dehl berichtet, nach 1956 Chefredakteur der wiedergegründeten deutschsprachigen Zentralzeitung, die seither den Namen „Neues Leben“ trägt.

Zahlreiche namhafte Autoren – Schriftsteller, Wissenschaftler, Journalisten – haben mit Beiträgen in der Zeitung auf sich aufmerksam gemacht und ihren späteren Ruf begründet – auch den Ruf des „Neuen Lebens“, das viele Jahre lang im Zentrum der deutschsprachigen Journalistik der Sowjetunion stand. (us)


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