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Medienalltag in Deutschland kennenlernen

‚Journalisten International’ besteht seit zehn Jahren
Medienalltag in Deutschland kennenlernen die Teilnehmerinnen im Herbst 2007 und ihr Kursleiter
Foto: Olga Sasuchina

Das Programm ‚Journalisten International’ begeht in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Zweimal pro Jahr kommen junge Journalistinnen und Journalisten aus Osteuropa zur Fortbildung nach Berlin. Nach zwei Monaten Theorie geht es für vier Wochen zur praktischen Arbeit in eine Redaktion Berliner Zeitungen, Zeitschriften oder Rundfunkanstalten. ORNIS-Autorin Olga Sasuchina aus Omsk nimmt derzeit am Herbstprogramm von ‚Journalisten International’ teil.

Berlin, 2. November 2007 - Die treibende Kraft hinter dem Programm ist bis heute Günther von Lojewski. Der Ex-Intendant des früheren Senders Freies Berlin (SFB) hatte nach einer Moskaureise den Plan gefasst, mehr für den journalistischen Austausch zwischen Russland und Deutschland zu tun. So kamen damals die ersten russischen Journalisten nach Deutschland. Das Programm wurde nach und nach um weitere Länder - Ukraine, Belarus, Moldawien und Armenien - erweitert. Im nächsten Jahr möchte von Lojewski auch amerikanische Journalisten nach Berlin einladen.

Seit den Anfängen des Programms hat sich in Osteuropa und auch in Deutschland viel geändert. Mit der Entwicklung der Demokratie und Marktwirtschaft professionalisierten sich auch die Medien in Osteuropa. So sieht es auch Günter von Lojewski, der im Laufe des zurückliegenden Jahrzehnts knapp 170 junge Journalisten bei ‚Journalisten International’ hatte. „Ich habe auf jeden Fall den Eindruck, dass die Lage des heutigen Journalismus in Osteuropa ganz anders ist, als es vor zehn Jahre war“, sagt der 73-Jährige.

Am laufenden Herbstkurs 2007 nehmen neun junge Journalistinnen aus Russland, Belarus und der Ukraine teil. Der osteuropäische Journalismus bekommt immer stärker ein weibliches Gesicht. Volha Siamaschko aus Minsk zum Beispiel arbeitet beim staatlichen Radio Weißrusslands. Sie ist nach Berlin gekommen, um Erfahrung mit deutschen Kollegen beim Radioprogramm „Multikulti“ auszutauschen. Die junge Frau ist nicht zum ersten Mal in Berlin, aber erstmals hat sie die Möglichkeit, in einer deutschen Rundfunkredaktion zu arbeiten. „Dieses Programm hat mir die Chance gegeben, die Arbeitsweise von Funkjournalisten in Deutschland kennen zu lernen“, sagt die Minskerin.

Volha Siamaschko hält das Programm nicht nur für die osteuropäischen Teilnehmerinnen für nützlich, sondern auch für die deutschen Organisatoren und Journalisten. Sie könnten gleichfalls Vorurteile über Osteuropa revidieren: „Wir können ein authentisches Bild unserer Länder in Deutschland vermitteln“.

Die Teilnehmerinnen sehen Berlin und Deutschland nicht durch die Brille des Touristen, sondern viel intensiver. Sie besuchen Universitäten, diskutieren mit deutschen Studenten, arbeiten in den Redaktionen und treffen deutsche Journalisten. Auf diese Weise können sie auch manches Klischee über Deutschland und die Deutschen neu bewerten. „Früher dachte ich, dass Deutschland eine ganz andere Welt sei. Aber jetzt finde ich langsam viel Ähnliches, was ich schon aus der Ukraine kenne“, erzählt Inna Zavgorodnya aus Kiew. Um sich selbst zu finden, müsse man ins Ausland fahren. Nur da lerne man Toleranz und Flexibilität. Danach kehre der Reisende als anderer Mensch nach Hause zurück. (Olga Sasuchina)

 
Links zum Thema
- Programm ‚Journalisten International’ der Freien Universität Berlin

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ORNIS: Sind Ihre Ziele eher politischer oder handwerklich-journalistischer Art?
von Lojewski: Na ja, wir haben gelernt, dass alles, was Journalisten tun, auch politische Wirkung hat. Ich will versuchen Journalisten zu zeigen, wie in einem anderen Land als Russland Journalismus stattfindet. In unserem Fall in Deutschland. Wie wird hier Medienfreiheit verstanden, wie wird in den Redaktionen gearbeitet? All das will ich den jungen Kollegen zeigen.

Welche Erfahrungen haben Sie mit den Teilnehmern des Programms gemacht?
Journalismus heißt, viel eigene Initiative, viel freies Denken und viel Kreativität zu entfalten. Das war vorher in Russland nicht gefragt. Ich denke, dass wir dies bei unseren Stipendiatinnen verfolgen können. Ich habe auf jeden Fall den Eindruck, dass der russische Journalismus heute anders ist als vor zehn Jahren.

Was sind Ihre Pläne für die nächsten Jahre?
Ich habe ein Vorhaben, dass wir amerikanische Journalisten und Journalistinnen hier nach Berlin kriegen. Wir haben jetzt finanzielle Mittel für drei Jahre. Im nächsten Jahr werden wir auch eine Stipendiatin aus Kyrgyzstan haben. Also sind wir jetzt längst über unsere Ursprünge hinausgewachsen. (Gespräch: Olga Sasuchina)