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F o r t s e t z u n g: Endlich was Großes erleben

 

 

... fröhlicher war ich in Russland"

Und Deutschland ist nicht das Paradies, wo man - einfach so - glücklich ist. Deutschland stellt Anforderungen, findet Lena, vor allem im Beruf. Kritikfähig zum Beispiel muss man sein. Das zu lernen, fiel ihr besonders schwer. "In Russland wird über vieles geschwiegen - ob auf der Arbeit oder in der Politik." So wunderte sie sich sehr, als sie sich zu Anfang einmal wöchentlich mit anderen Ein-Euro-Jobbern zur Besprechung traf: "Die meckerten nur!" Über Kleinigkeiten!

Heute sagt sie: Kleinigkeiten können sich sammeln und bekommen dann Gewicht. Wenn man zu allem schweigt und sich zurückzieht, wird man leicht missverstanden. In einem ihrer Praktika legte man am Ende alles gegen sie aus. Das nagt an ihr, auch wenn sie ihre Ausbildung mit einem prima Zeugnis abschloss, in dem ihr bescheinigt wird, einfühlsam zu sein, offen und kritikfähig. Etwas anzusprechen, das war was vom Schwersten. "Fröhlicher war ich in Russland."

Sie könnte ja zurückgehen. "Nein", sagt Lena, "das geht nicht mehr." Deutschland ist ihr noch keine Heimat, aber Russland ist ihr auch schon ein bisschen fremd geworden. "Ich habe mich wohl zu schnell verändert."

Vergangenes Jahr war sie erstmals wieder dort und wunderte sich ein ums andere Mal: Waren die Straßen schon immer so breit gewesen? Und wieso ließ die Freundin nicht locker und verlangte ein Treffen jetzt gleich, wo Lena sich doch für jetzt was anderes vorgenommen hatte? Konnte die Freundin sich nicht anmelden?

Zwischenstation Paderborn

Und wie zuckte sie im Moskauer Flughafen zusammen, als sie am Infoschalter nachfragte, wann denn nun der stundenlang ver­spätete Anschlussflug zu erwarten sei, und die Dame ihr barsch beschied: "Keine Ahnung, Sie müssen eben warten!"

Beide Länder sind ihr ein wenig schal geworden. Der Reiz ist weg, das Versprechen. Jüngst kamen ihre beiden älteren ­Brüder auf Besuch nach Deutschland. Die waren recht un­beeindruckt. Kühl verglichen sie: Ja, gut, es ist sauber hier und grün, alles auf hohem Niveau, und für die Ausbildung der Kinder wäre Deutschland sicher besser - aber in Russland sind wir auch glücklich. Außerdem regnet es in Deutschland immer nur, wir wollen nach Hause.

Lena bleibt hier. Gerade hat sie ihre erste Stelle angetreten - als Erzieherin im Hort einer Ganztagsschule, eine Teilzeitarbeit; und wochenends betreut sie behinderte Menschen in einem Heim. Etwas zusammengestoppelt, aber das passt schon für den Berufseinstieg. Und die Arbeit macht ihr viel Freude.

Dann sagt sie einen ihrer altersweisen Sätze: "Ich weiß, dass es nirgendwo ein perfektes Leben gibt. Man darf nicht denken: Wenn ich nur ­woanders wäre, wenn ich nur woanders arbeiten würde, dann wäre ich glücklich. Man muss auch an sich selbst arbeiten." Aber in Paderborn, da werde sie sicher auch nicht ihr Leben lang bleiben. (© Christine Holch/chrismon)
 
Links zum Thema
- Zum Text bei Chrismon
 
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